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Waldburg 167 Walddurg
Agitation benützt wurden. Daß sie hin-!
über mußten, bevor der Friedensschluß
ihnen Halt gebot, stand fest, aber wie?
An der ganzen Westküste ziehen sich auf!
Stundenweite die Watten hin, ange- i
schwemmte Sandflächen, welche nur bei der i
Fluth, und auch dann nur vermittelst ganz
stacher Kähne überfahren werden können,
während die Deeps (Tiefen), welche die-
selben durchschneiden, das Ueberschreiten
auch bei der Ebbe fast unmöglich machen.
Schon am 12. Juli versuchten die Land-
truppen unter Commando des Oberstlieu»
tenants Schidlach den UeberganZ ; aber
bald gelangte man zur Neberzeugung,
daß ohne actives Einschreiten der Flotte
an ein Gelingen der Erpedition nicht zu
denken sei. Es handelte sich also darum,
mit den Schiffen in Rapport zu kommen,
welche auf der Lyster Rhede im Nordosten
der Insel Sylt lagen. I n gerader Linie
der nächste Ort auf dem Festlande ist das
Dorf Ierpstedt, ungefähr in der Mitte
zwischen diesem und Lyst, etwa eine Meile
von jedem Ufer entfernt, befindet sich die
kleine Insel Iordsand. Drei österrei-
chische Officiere, und zwar der Fregatten»
capitän Lindner, Hauptmann Wieser
und Rittmeister Graf W a l d bü rg
Z e i l - T r a u ch bü rg unternahmen
es nun, mit dem Mercantilcapitan An»
dersen die Strecke von Ierpstedt bis
Iordsand bei der Ebbe zu durchwaten,
. von wo aus sie mit den vier im Königs»
Hafen bei Lyst ankernden österreichisch-
preußischen Kanonenbooten unter dem
Befehl des Fregattencapitäns Krona-
iv ett er in Verbindung zu treten hofften.
Noch war die Ebbe nicht vollständig ein»
getreten, als die kühnen Männer bei
Ierpstedt in das Wattwafser stiegen, in
welchem sie oft bis über das Knie waten
mußten. Ist das Gehen im Waffer ohne-
hin schon beschwerlich, so ist es im Meer» wafser noch beschwerlicher, da dieses viel
stärkeren Widerstand leistet' und sie
hatten keine Zeit zu verlieren, denn er«
reichten sie nicht vor Eintritt der Fluth
festen Boden, so war es um sie geschehen.
Außerdem drohte ihnen noch die Gefahr,
von einem feindlichen Boote gesehen und
beschossen zu werden. Bei Iordsandsftak
kamen sie auf festen Boden, der barfuß
sehr mühselig überschritten werden mußte.
Nun ließen sie aber die Insel Iordsand
links liegen und marschirten tapfer auf
Lyst los, legten die Strecke von ändert»
halb Meilen in 21/2 Stunden zurück und
erreichten endlich, zu Tod erschöpft, die
Grenze des Wattwassers. Weiter zu
kommen war ohne Fahrzeug unmöglich.
Man steckte daher eine zu diesem Zwecke
mitgenommene weiße Fahne aus — auf
dem uns vorliegenden Bilde ist es Graf
Waldburg, welcher dies thut — und
suchte durch diese und durch vereintes
Rufen die Aufmerksamkeit der Kanonen-
boote auf sich zu lenken. Minuten pein>
lichen Wartens vergingen, aber noch
immer verrieth nichts, daß man unsere
heldenmüthigen Manner bemerke. Der
Eintritt der Fluth begann, höher und
höher stieg das Wasser, schon gaben sie
die Hoffnung auf das Gelingen des
Wagstückes auf, und da das Festland
unmöglich noch zu erreichen war, mußten
sie den Rückzug nach der Insel Iordsand
antreten. Vor der Fluth würden sie auf
der Insel wohl sicher gewesen sein, aber
sie mußten dann 24 Stunden ohne
Lebensmittel, ohne Trinkwasser im Zu«
stände völliger, durch den anstrengen»
den Wassermarsch hervorgerufener Er-
schöpfung die Nacht unter freiem Himmel
zubringen. Da, im letzten Augenblicke,
als sie den Wattendurchmarsch wieder
beginnen wollten, wurden sie gesehen.
Drei österreichische Boote machten sich
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Volume 52
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vrčevic-Wallner
- Volume
- 52
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 342
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon