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Waldmüller, Ferdinand Georg 19t) Maldmüüer Ferdinand Georg
war. Aber trotz seiner Unkenntniß in
allem Anderen, was sonst mit der Kunst
im engen Zusammenhange steht, wie:
Perspektive, Ornamentik, Plastik, fand er
in Preßburg doch Besänftigung, und auf
Verwendung des Barons P e r 6 nyi kam
er in das Haus des Banus von Croa-
tien, Grafen Gyulay, welker ihn auch
nach Schluß des Landtages als Lehrer
seiner Kinder mit nack Agram nahm. An
seinem neuen Aufenthaltsorte, wo er
drei Jahre verblieb, machte er seine
ersten Versuche, in Oel zu malen. Die»
selben fielen aber, da er jeder fördernden
Anleitung entbehrte und es in Agram
auch an den nöthigen Requisiten fehlte,
kläglich genug aus. Daselbst lernte er
auch die Sängerin Weidner kennen,
welcher er, nackdem er sie geheiratet
hatte, nach Preßburg, Prag, Brunn, kurz
überall hin folgte, wohin ihr Engage»
ment sie rief. Das waren die ersten
Vtapen des Künstlerelends, welches er
bis in sein hohes Alter trotz aller Weihe
der Kunst, die ihm auck seine Neider
und Feinde nickt absprechen können, nicht
mehr gau; abzustreifen vermochte. Wäh-
rend seines Aufenthaltes in Agram hatte
er sich auch im Decorationsmalen ver-
sucht, denn der Director der dortigen
Bühne glaubte sick an ihn als den ein-
zigen damals im Orte befindlichen
Künstler wenden zu müssen. Als endlich
seine Gattin eine Anstellung an der
Wiener Hofoper erhielt, sah der Künstler
seine heißesten Wünsche erfüllt, da er nun
in Wien seine Studien fortsetzen und
seine Ausbildung vollenden konnte. Aber
, er ging nicht in das Atelier eines bedeu-
tenden Malers, um unter dessen un-
mittelbarer Leitung die Geheimnisse dos
Pinsels zu erlauschen; er wollte sich selbst
die erforderliche Ausbildung geben und
sing damit an, die Bilder der italieni- schen und niederländischen Schule im Bel-
vedere zu coftiren. Nur in der Landschaft
empfand er das Bedürfniß eines Unter-
! ricktes und nahm diesen bei dem Zeichen-
lehrer der Zoller'schen Hauptschule,
Scködlberger M . XXXI, S. 70^.
Unter dessen Anleitung copirte er die
besten Bilder von Ruisdael uud Paul
Potter. Ueber diese seine Bildungs-
methode scbreibt der Künstler selbst...
„Nock war mir die höhere Weihe der
Kunst das verschleierte Bild von Sais.
Ich glaubte das Heil zu finden, wenn
ich in der kaiserlichen Galerie zu copiren
begänne. Wie es bisher noch bei allen
Kunstzweigen gegangen war, in denen
ick mich versucht hatte, so gelang es mir
auch mit diesen Copien Beifall zu finden.
Ein Privatmann M. Wieser^, mit
nicht ungeübtem Blick, glaubte in diesen
Bestrebungen einen Geist zu erkennen,
welcher der Aufmunterung nickt un-
würdig sei, und gab mir Aufträge zu fer-
neren Arbeiten dieser Art. Ick copirte
! mehrere der besten Werke sowohl der
kaiserlichen Galerie als anderer Gemälde-
sammlungen, sowie einige aus der Dres-
i dener Galerie. Auf diese Weise besckäf-
i tigte ick mich abermals fünf Jahre, dann
! hörten die Aufträge auf, und ick stand
! wieder auf dem alten Punkte. Allerdings
durfte ick mir selbst gestehen, ich sei ein
i ziemlich gewandter Techniker geworden,
! aber der Geist, der schöpferische Geist,
i der eigentlich das Kunstwerk zu einem
! solchen stempelt, hatte mir uock nickt ge-
! lächelt. Ich fühlte seine Mahnung, aber
! es fehlte die Kraft des freien Flügel»
schlages, mich emporzuschwingen. Was
ich bis jetzt geübt — ich konnte mir es
nicht verhehlen — war nur ein Versuch
des Ikarus gewesen. Die wächsernen
Flügel zerschmolzen von dem Strahle
der Sonne". Er wendete sich nun wieder
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Volume 52
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vrčevic-Wallner
- Volume
- 52
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 342
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon