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iN) Albrecht Wenzel Euseb 211 Waldstein, Albrecht Wenzel Euseb
uach so wechselnden Gesichtspunkten beschrie-
ben, und ist der Quellenapparat über diesen
ob schuldigen oder nicht schuldigen, immer
doch großen Feldherrn und merkwürdigen
Menschen ein so bedeutender, auch ist die
wichtigste Frage eben über seine Schuld noch
heute eine offene, so daß wir uns hier nur
auf eine chronologische Aufzählung seiner
Lebensdaten beschränken können. Von Jugend
auf bekundete Albrecht großen Scharfsinn
und eine unbeugsame Charakterstärke, und
weil er in äußeren Dingen großen Hang zu
Sonderbarkeiten zeigte, wurde er in jungen
Jahren nur der „tolle von Wald stein" ge-
nannt. Nach dem 1393 erfolgten Hinscheiden
seines Vaters Wi lhe lm — die Mutter war
ihrem Gatten um zwei Jahre im Tode vor-
angegangen — kam der zwölfjährige Knabe
unter die Obhut seines Oheims Albrecht
S lawa ta auf Schloß Koschumberg; dann
auf die Fürstenschule zu Goldberg und von
dort in das adelige Convict dcr Jesuiten in
Olmütz. 1399 und 1600 studirte er auf der
Hochschule zu Altdorf, wo er sich wieder
durch sein wildes Verhalten bemerkbar machte
Hierauf kam er als Page an den Hof des
Markgrafen von Burg au, wo er, dem Pro«
testantismus, der Confession seiner Eltern,
entsagend, zur katholischen Kirche übertrat.
Schon zur Zeit seines Aufenthaltes bei den
Jesuiten in Olmütz und dann während der
Jahre 1601—1603 unternahm er Reisen durch
einen Theil Europas; die letzte gemeinschaft«
lich mit Adam Leo Licek von Riesen»
durg. Der Mathematiker und Freund Kep<
ler's, Peter Verdungus aus Franken,
war der Begleiter der beiden jungen Edel'
leute. Heimgekehrt widmete sich Wallen»
stein dem Waffendienste, und zwar als
Officier unter General Basta in Ungarn.
Während der Belagerung von Gran wurde
er Hauptinann einer (Compagnie; 1606 kehrte
er nach Böhmen zurück, 1607 kam er durch
Empfehlung seines Schwagers, des berühmten
Karl von Zierot in , an den Hof des Erz-
herzogs Matth ias. Hinsichtlich der Jahre
1607—1616 lauten die Nachrichten über ihn
nur sehr lückenhaft, in diese Zeit mag auch
seine erste Heirat mit der reichen Lucretia
verwitweten Vickoo fallen. 1617 zog er mit
einem Trupp von 200 Dragonern, die er auf
eigene Kosten geworben und bewaffnet hatte,
nach Friaul, wo Erzherzog Ferd inand von
Steiermark Krieg gegen die Republik Ve<
nedig führte. Seine kleine Schaar wuchs bald zu einem Regimente an, und dort be-
gründete er seinen militärischen Ruf. Nach
beendetem Feldzuge wurde er Kammerherr,
Oberst und Commandant eines Regiments
des mahrischen Landaufgebotes. -Am 30. März
1614 starb seine erste Frau. und er erbte ihr
großes Vermögen, welckes die Grundlage
seines späteren Reichthums bildete. 161?
stiftete er auf seiner mährischen Herrschaft
Lukow eine Karthause. Vom Beginn deü
böhmischen Aufstandes 1618 steht er auf Seite
des Kaisers und der katholischen Kirche. Der
Sache der Empörung überall mit größter
Energie entgegentretend, machte er sich da-
durch viele Große des böhmischen Adels,
welche offen oder heimlich zur Rebellion
hielten, zu Feinden. Man ließ es von dieser
Seite nicht an Versuchen fehlen, ihn zu ge-
winnen, doch blieben alle vergebens Er hielt
treu zum Kaiser. Als General Bucquoy
dem Grafen Mannsfeld entgegcn^og, sen»
dete der Kaiser Wallenstein zu Ersterem,
und in dem Treffen bei Moldautein— 10. Juni
1619— in welchem Mannsfeld hartnäckigen
Widerstand leistete, war W allen stein's Er-
scheinen entscheidend. Mit seinen Kürassieren
durchbrach derselbe die feindliche Aufstellung
und half den Sieg erringen. Als dann
Herzog Maximi l ian von Bayern mit
Bucquoy nach Böhmen aufbrach, um die
Rebellen zu Züchtigen, versah Wallenstein
die Stelle eines Generalquartiermeisters und
überwachte die Herbeischaffung der Lebens«
mittel. Infolge dessen war er bei der Schlacht
am weißen Berge (8. November 1620) nicht
persönlich gegenwärtig, wohl aber fochten
seine Kürassiere in derselben mit. Während
der Bayernherzog und Tilly in Böhmen
blieben und jede weitere Erhebung im Keime
erstickten, übernahm er die gleiche Aufgabe
für Mähren. Er kämpfte bei Krcmsier
(18. October 1621) gegen Bethlen Gabor,
dann bei Göding (November 1623), um für
den Kaiser den Besitz Ungarns zu sichern.
Seine siegreichen Erfolge und seine rückhalt-
lose Hingebung für die Sache des Kaisers
erwarben ihm bereits dessen ganzes Ver-
trauen. 1622 fand sich derselbe mit seinein
Feldherrn, welcher mehrere Jahre Hinduich
einige Regimenter auf eigene Kosten aus-
gerüstet und unterhalten halte, dadurch ad.
daß er ihm die Herrschaft Friedland sammt
den einverleibten Kreisen, Städten und Dör->
fern, namentlich Re'chenberg. um die Summe
von 130 000 st. überließ. 1624 heiratete
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Volume 52
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vrčevic-Wallner
- Volume
- 52
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 342
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon