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Albrecht Wenzel Euseb 212 n^ Albrecht Wenzel Euseb
W a l l e n s t e i n . indessen in den Reichs»
qrafenstand erhoben, zum zweiten Male, und
zwar Isabella Kathar ina, Tochter des
kaiserlichen geheimen Rathes Grafen Karl von
Harrach. Als die Rebellengüter eingezogen
wurden — 1622 betrug die Zahl der für
verfallen erklärten Herrschaften und Güter
bereits 642 — hatte er Gelegenheit, die
schönsten Rittergüter um geringe Summen
vom Fitcus zu kaufen, wodurch sein Besitz
einen großen Aufschwung nahm. Eine Haupt<
erwerbung machte er im Jahre 1623, als es
chm gelang, den namhaften Oüterbesitz seines
Vetters, des blödsinnigen Adaloert Smi«
rziczk^, dessen Vormund er war, sich an,
zueignen. Der Kaiser überließ ihm nämlich
die dazu gehörigen Herrschaften Kumburg. Au»
libih. Semil, Hontz u. s. w. um den Verhältniß'
mäßig sehr geringen Betrag von 502.325 fl.
und tilgte auf diese Art eine Forderung seines
Feldherrn für ausgelegte Werbegelder. Zu
dieser Erwerbung gehörte auch die Stadt
Gitschin. welche Wal len stein dann zum
Hauptorte aller seiner böhmischen Besitzungen
machte. Dieselben umfaßten als Ganzes mehr
denn 60 Quadratmeilen, und der Kaiser
erhob diesen Gesammtbesitz 1624- zu einem
Fürftenchum, 162? zu einem Herzogthum,
welches den Namen der schon früher erkauften
Herrschaft Friedland erhielt. Am 31. August
1624 wurde Wallen st ein Reichsfürst, den
herzoglichen Tirel und Nang erhielt er mit
Diplom vom 13. Juni 1623. Im letzt»
genannten Jahre tritt er bereits als selbst«
ständiger Feldherr auf. Der allgemeine Bund
der protestantischen Mächte erheischte die Auf«
stellung eines eigenen Heeres zu Diensten
des Kaisers, und Wal len st ein übernahm
das Commando desselben. Mit dieser Waffen»
macht elfocht er am 25. April 1626 einen
glänzenden Sieg über Mannsfeld an der
Dessauer Brücke, und sein Einfluß am Kaiser»
Hofe wuchs; andererseits aber mehrten sich
aach die Beschwerden über das Gebaren
seiner Truppen, welche überall, wo sie waren,
in entsetzenerregender Weise hausten und na«
un'Ntlich Böhmen. Mähren, Schlesien und die
Erzherzogthümcr bedrückten. Denn ein Haupt»
moment der Kriegführung Wallenstein's
bestand darin, daß er sein Heer nicht selbst
verpflegte, sondern es durch Brandschatzung
Plünderung und Requisition im feindlichen
Lande, das er eben besetzt hielt, sich selbst
verpflegen ließ. Am 1. September 162? er»
warb er unter ungemein günstigen Kauf» , bcoingungen das Herzogthum Sagan. Im
Herbst desselben Jahres rückte er mit seinem
Heere gegen Dänemark vor und besetzte im
October das Herzogthum Mecklenburg. Wäh»
rend er letzteres sich zur Beute ausersehen
hatte, wollte er dem Kaiser das Königreich
Dänemark zu Füßen legen. Die Städte
Rostock und Wismar waren unterworfen,
nur Stralsund widerstand ihm noch. Er
breitete sein Heer über Pommern und Bran»
denburg aus, nahm den Titel eines Admirals
der Ost» und Nordsee an und wurde vom
Kaiser zur Entschädigung für aufgewendete
Kriegskosten am 2. Jänner 1628 mit den
Ländern der Herzoge von Mecklenburg be-
lehnt. Um sich diesen neuen Besitz sicher zu
stellen, leitete er mit Dänemark den Frieden
ein, dessen Abschluß er bis jetzt verhindert
hatte. Also dem Kaiser Dänemark zu Füßen
zu legen, dieser Gedanke war aufgegeben.
Aber die Erwerbung Mecklenburgs erregte
zunächst das Mißtrauen der dem Kaiser er»
gebenen deutschen Fürsten, namentlich Mari»
mil ians von Bayern. Aucb wurde dem
Friedlander die Aeußerung in den Mund ge-
legt, und er konnte sie in allem Ernste ge»
sprochen haben: „man bedürfe keiner Kur»
und Fürsten mehr, man müsse ihnen das
Gasthüiel abziehen und wie in Frankreich
und Spanien allein, so solle auch in Deutsch«
land ein Herr allein sein". Das nährte d'e
Eifersucht und die Bitterkeit gegen den Feld»
Herrn, und man betrachtete mit Mißtrauen
das Wachsen seiner Macht. Am 27. Juni
1629 nannte er sich Herzog von Mecklenburg
und setzte diesen Titel den übrigen voraus,
sowohl bei seiner Unterschrift als auf seinen
Münzen. Nun war man ernstlich darauf be»
dacht, den immer gefährlicher werdenden Ge-
neral zu stürzen. Schon auf dem Reichstage
zu Negensburg, der am 8. Juli 163U eröffnet
worden, drang man offen darauf: „es möge
der kaiserliche Generalissimus und I)iot»zor
iinpsi-ii abgedankt und seines Kommandos
entlassen worden". Namentlich am bayrischen
Hofe — obwohl das kaiserliche Kriegsuolk
die Grenzen Bayerns nie überschritten hatte —
plante man seit 1628 den Stuiz Wal len-
stein's. und ein geschäftsgewandter Capu»
ciner, I». Alexander von Ales, der schon
früher unter dem Namen Rota zu geheimen
Sendungen verwendet worden, wurde mit
der Ausführung dieser Intriguen betraut. Am
Wiener Hofe fing man an, durch diese Machi»
nationen beeinflußt, ernstlich besorgt zu
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Vrčevic-Wallner, Volume 52
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Vrčevic-Wallner
- Volume
- 52
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 342
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon