Page - 15 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wallnöfer-Weigelsperg, Volume 53
Image of the Page - 15 -
Text of the Page - 15 -
Malter, Gustav Malter, Gustav
schreiten." War nun auf diesem Wege
einem Uebel abgeholfen, so trat auch ein
glücklicher Zufall fördernd hinzu. Rosa
Csi l lag M . I I I , S. 39), damals im
Zenith ihres Ruhmes, kam zu einem
Gastspiel nach Brunn. Kaum hatte
Walter neben ihr den Gennaro ge-
sungen, so lenkte sie sofort auf ihn die
Aufmerksamkeit des Directors der Wiener
Hofoper, Corner sBd. I I I , S. 3).
Auf telegraphische Berufung traf derselbe
schon am folgenden Morgen in Brunn
ein, hörte den jungen Sänger und enga-
girte ihn für seine Bühne. So kam denn
Walter 1836, damals gerade 20 Jahre
alt, an die Wiener Hofoper, wo ihm
allerdings neben den Größen, die zu
jener Zeit auf derselben glänzten, an-
fangs nur eine bescheidene Rolle zuge-
dacht war. Mit dem ihm eigenen an-
heimelnden Wesen schloß er sich an man-
chen Künstler enger an, und sein von
Haus aus reiches Talent, sein musica-
lisches Auffassungsvermögen fanden in
dem regen musikalischen Leben Wiens
bald reichen Stoff. Allmälig schwand
auch eine gewisse Befangenheit, die er
noch von Brünn mitgebracht, und immer
mehr und mehr entfaltete sich der Künstler
zum lyrischen Tenor, als welcher er eben
in der Glanzseite seines Talentes sich
zeigte. Dabei hatte er auf eine sorgfäl-
tige Entwickelung seiner Stimme Bedacht,
verdarb sie nicht durch unvernünftiges
Forciren, sondern eroberte Schritt für
Schritt, aber sicher sein Terrain und
wuchs mit jeder neuen Rolle in der
Gunst des Publicums. Als er in erster
Zeit an der Wiener Hofoper auftrat,
sang noch Ander, freilich schon von
seiner erreichten Höhe allmälig absteigend,
an derselben. Als aber dessen Tod eine
Lücke in die Künstlerschaar des Kärntner-
thortheaters riß, da zeigte es sich, daß Walter fast das ganze Repertoire des
Verstorbenen zu übernehmen im Stande
war, und das Publicum befreundete sich
um so rascher mit diesem Ersatzmann, als
derselbe mit Leib und Seele seinem Be<
rufe sick hingab und mit Fleiß und
Ausdauer an seiner Vervollkommnung
arbeitete. Allmälig wurde Walter der
Träger des classischen Repertoires, und
nicht die Wege der fahrenden Gesangs»
virtuosen austretend, die ihr engbe-
grenztes Rollenrepertoire immer und
überall wie abgerichtete Finken absingen,
zeigte er eine Vielseitigkeit, welche der
Bühne, an der er wirkte, sehr zu Statten
kam, da sie nicht bald wegen einer eni>
sprechenden Kraft für diese oder jene
Rolle in Verlegenheit gerieth. Hatte er
sich bei den ersten Aufführungen vorr
Richard Wagner's ..Tannhäuser" mit
der bescheidenen Partie Walthers von
der Vogelweide begnügt, so rückte er
nun zu der gewaltigen Gesangsrolle des
Lohengrin auf und sang in den
„Meistersingern" denWalterStolzing
mit einer Vollendung, die ihn den ersten
in dieser Rolle gleichstellte. I n gleicher
Weise sang er den Don Ottavio, Flo-
restan, Adolar, überhaupt in den be-
liebtesten deutschen, italienischen und
französischen Opern, wenngleich Rollen
wie George Browne in Boieul«
dieu's „Die weiße Frau", Tamino in
Mo zart's „Die Zauberflöte", Faust in
Gounod's und Stradella in Flo-
tow's gleichnamigen Opern als Perlen
seines Repertoires anzusehen sein dürften.
So vortrefflich er aber als Bühnentenor
ist, so ausgezeichnet ist er auch in seinem
Liedervortrage in Concerten. Man stellt
ihn in diesem dem ersten Liedersänger
unserer Zeit, Julius Stockhausen, zur
Seite, und insbesondere finden die
Schubert'schen Lieder in ihm einen
back to the
book Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Wallnöfer-Weigelsperg, Volume 53"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wallnöfer-Weigelsperg, Volume 53
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wallnöfer-Weigelsperg
- Volume
- 53
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 332
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon