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Weber, Friedrich Dionys (l?) 186 Weder, Friedrich Dionys
vereint seine Schwäche und seine Stärke.
Was ihn nun als Komponisten betrifft,
so war er gewiß einer der talentbegab-
testeli, und selbst seine kleinsten und un-
bedeutendsten Compositionen, nie ge>
schmacklos, bezeugen eine gute Schule
und eine Phantasie, ungemein reich an
schöne Melodien; trotz alledem aber stand
er als Componift so ziemlich nur auf der
mittleren Höhe eines wohlgeschulten
Praktikers, war aber dafür ein geborener
Schulmann und hat, wie ein Forscher
im Gebiete der Musikgeschichte über ihn
treffend bemerkt, in dieser Beziehung für
die Kunst höchst segensreich gewirkt,
segensreicher kann man sagen, als wenn
er blos productiues Genie gewesen wäre.
Sein Lehrbuch der Harmonik und des
Contrapunktes ist eines der brauchbarsten
Schulbücher und hat seinen Werth für
alle Zeiten, wenngleich von einer wissen«
schaftlichen Begründung des Vorgetra-
genen kaum da und dort schwache An«
deutungen vorkommen, und blos die
überkommene Regel dem Schüler dog>
matisch als eine nicht weiter an^uzwei»
felnde hingestellt wird. Diese dogmatische
Methode aber, nach welcher sich der
Schüler mit dem „Regel ist" u. s. w.
ohneweiters begnügen und daran sich
halten muß, ist indessen, vielleicht gerade
für Anfänger, die rechte. Die babylonisch
aufgethürmten Undecim» und Tridecim»
accorde, die der vierte Band des Lehr»
buchs behandelt, sind dem Verfasser, als
unbedingtem Anhanger der alteren
Theorie, zugute zu halten. Den Schü»
lern gegenüber glich Dionys Weber
einem liebevollen, aber strengen Vater.
Er hatte an seinen Jünglingen die herz-
lichste Freude — aber wehe, wer die
Schulzucht oder wer die Regeln des
„reinen Satzes" verletzte! Mußte Weber
in ein Concertprogramm dem Publicum zuliebe ein „modernes" Tanzstück auf-
nehmen, so setzte er sicher ein „classisches-'
daneben, „damit es recht absteche" und
so zugleich den jungen Orchestristen zum
warnenden Beispiel diene. Was er für
Verbesserung der Instrumente theils
selbst gethan, theils veranlaßt hat, wurde
oben schon erwähnt. I n der persönlichen
! Erscheinung Weber's mischte sich die
! gravitätische Würde des Lehrers mit
einem eigenthümlichen gutmüthig-schalk-
haften Humor in sehr anziehender Weise,
so daß man dem kleinen corpulenten
Manne mit dem breiten stets lächelnden
Gesichte gleich beim ersten Anblick gut
sein mußte. Als ihn einer seiner früheren!
Zöglinge einmal fragte, ob er nicht seine
Oper: „Canzema, Königin von Seran-
dib, oder der Krieg um Liebe" wieder auf
die Bühne zu bringen gedenke, lächelte
der alte Musicus höchst satirisch und
sagte mit komischer Ernsthaftigkeit: „Das
geht nicht! Der zweite Act spielt in den
unterirdischen Schatzgewölben der Köm»
gin, wo die Schatze Indiens aufgehäuft
liegen — bei welcher Theaterdirection
sind die zu finden? — Auch ist Canzema
die schönste Frau ihrer Zeit, aber pech»
schwarz — welche Primadonna wird sich
ihr Gesicht anschwärzen lassen?" — Es
ist bekannt, welche lim» und Anstände
Meyerbeer mit seiner „Afrikanerin"
gerade wegen des „Anschwärzens" hatte,
und so sieht man, daß der alte Weber
auch hier seinen praktischen Blick be«
währte.
Amdros (Aug. Wi!h. Dr.). DaS l5om'eroa<
torium in Prag. Eine Denkschrift bei Gele»
genheit der fünfzigjährigen Jubelfeier der
Gründung (Praü 1858. Gottl. Haaje's
Sühne. 8".). — Archiv für Geschichte.
Statistik. Literatur und Kunst Von Hor»
mayr (Wien. 4°.) XVI. Jahrg. (l823).
Nr. 4, S. 18 im Artikel: „Die Tonkunst in
Bühmen von den ältesten bis auf die gegen«
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wallnöfer-Weigelsperg, Volume 53
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wallnöfer-Weigelsperg
- Volume
- 53
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 332
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon