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Mebercus 223 Webern
stellung berief die Königin den damals
Vierundachtzigjährigen nach Versailles.
Er trat in ihre Dienste. Die Königin
wie ihr Gemal liebten es, sich von dem
noch immer rüstigen Greise die seltenen
Abenteuer seines vergangenen Lebens
erzählen zu lassen. I n den Memoiren
jener Zeit wird ein Weber als „Kam-
merdiener der Königin" mehrfach er-
wähnt' ob da nicht eine Verwechslung
mit Joseph Weber ssehe diesen S. 194,
Nr. 26^> stattfindet? Auch im Romane
von Alexander Dumas „ Das Halsband
der Königin" spielt Webercus eine,
freilich nur nebensächliche, Rolle. Und da
Dumas die merkwürdigen Schicksale des
Riesen, die ja eine Fundgrube für seine
Feder gewesen wären, gar nicht aus-
gebeutet hat. so möchte es uns eben be°
dünken, daß unter diesem Lakei der Kö<
nigin nicht unser Webercus, sondern
der schon oben erwähnte Joseph Weber
gemeint sei. Die Greuel der Revolution
bis 4797 erlebte der Riese als Augen-
zeuge in Paris, er sah seine königlichen
Gebieter den Märtyrertod sterben, sah
die Niedermetzelung der treuen Schweizer,
die Ermordung der Prinzessin Lam-
balle und der Gefangenen in der Abtei
St. Germain, wo er selbst eingekerkert
war. Nur ein glücklicher Zufall rettete
dem Riesen das Leben. Er kehrte nun
nach Württemberg zurück, arm wie Hiob.
Herzog Friedrich, der damals regierte,
ließ ihm eine monatliche Unterstützung
von vier Gulden reichen, die aber zum
Leben nicht genügte. Da verschaffte sich
Webercus einen kleinen Verdienst durch
das Schnitzen hölzerner Wäschklammern,
welche er in Stuttgart, herumtrug und
an die Hausfrauen für ein Billiges
verkaufte. So lebte dieser seltsame Aben-
teuerer in Armut noch einige Jahre, bis
er in dem seltenen Alter von hundert-
v. Wurzbach, biogr. Lerikon. LIII. ^Gedr. ! unddrei Jahren eines sanften Todes
starb.
Das Buch für Alle (Stuttgart. H. Schön,
lein. Fol.) Jahrg. 4880/81. Heft 9. S. 210:
„Der Riese von Stuttgart. Culturgeschicht'
liches Lebensbild aus dem vorigen Icchrhun«
dert". Von I . O. Hansen.
Webern zu Treuenhausen und Post-
felden, Joseph (Tiroler Landesver«
theidiger, geb. zu Fleims bei Cava-
lese in der zweiten Hälfte des achtzehnten
Jahrhunderts, Todesjahr unbekannt).
Ueber den Adel des in Rede Stehenden
blieben alle meine Nachforschungen ver-
geblich. Er trat 1771 in die k. k. Armee
und diente in derselben bis 1789. Um
1790 kam er nach Auer, einer ansehn-
lichen Gemeinde an der Straße nach
Bozen im Landgerichtsbezirke Neumarkt,
und lebte daselbst bis 1796 bei seinem
geistlichen Vetter Joseph Kaspar von
Feldenreichin stiller Zurückgezogenheit.
Aus derselben riffen ihn die kriegerischen
Wirren des letztgenannten Jahres, da
Tirol und die Lombardei von den Fran»
zosen bedroht wurden. Er zog am
4. August mit dem k. k. Militär und den
Zandesvertheidigern nach Ala und Ve>
rona, kehrte aber am 13. September
wieder heim, da der Kriegslärm ver-
stummte. Als aber derselbe bald darauf
nur drohender erscholl, eilte Webern
am 12. October aus eigenem Antriebe
dahin, und zwar gegen Salurn und
Wälschmichael bis an die äußersten
Grenzen Tirols. General Vucassovich
d. I^II, S. 22^>, der damals in jenen
Gegenden befehligte, berichtet über We-
bern: „daß sich derselbe am 5. No»
vember 1796 in voller Ausrüstung ihm
vorgestellt und seine Dienste gegen den
Feind angeboten habe. Ich habe, schreibt
der General, dieselben auch angenommen,
und Webern hat die ihm gegebenen
13. April l886.) 13
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wallnöfer-Weigelsperg, Volume 53
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wallnöfer-Weigelsperg
- Volume
- 53
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 332
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon