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Mehlig Ernst 243 Mehli, Ernst
Rabbi Ephraim Wehli , bei dessen
Bestattung Ezechiel 3 and au die Leichen»
rede hielt und rühmend darin hervorhob,
daß der Verblichene alle vier Theile des
Werkes von Maimonides' „^aä Na.-
ckasaka" auswendig konnte; auch war
Ephraim der Verfasser des Andachts»
buches: p M ^ I ^ O N oder die täg-
lichen Gebete mit einer deutschen Ueber-
setzung. Mütterlicherseits hatte Ernst
Wehli den gelehrten mährischen Land»
rabbiner Gerson Politz zum Urgroß'
vater. Die Eltern bestimmten, den Sohn
zum Rabbinerstande und hielten ihn des»
halb zum fleißigen Talmudstudium an,
auch genoß er einige Zeit den Unterricht
des spateren mährischen Landrabbiners
Nehemias Trebitsch. Im Alter von
zehn Jahren kam er nach Königswart,
wo der als Talniudift wie als Hebraist
berühmte Isak Spitz M . X^XVI ,
S. 178^ lehrte. Unter dessen Leitung
machte er bedeutende Fortschritte im
Talmud, auch gewann er bei demselben
große Liebe znr hebräischen Sprache und
eine Meisterschaft des Styls, die alle
seine Arbeiten auszeichnete. Zur Fort»
setzung der talmudischen Studien begab
er sich an die Hochschule zu Mainz, an
welcher Rabbi Herz Scheier lehrte.
Nach einem Aufenthalte von 3 ^ Jahren
daselbst kehrte er in die Heimat zurück,
wo er theologische Studien weiter trieb,
nebenbei aber auch die weltlichen nicht
vernachlässigte. Infolge des Ansehens,
in dem er bei seinen Glaubensgenossen
stand, wurde er 4812 zum Vorsteher des
Vereines der Krankenpflege „Derech
Ieschora" gewählt, welches Ehrenamt er
zwölf Jahre hindurch versah, alljährlich
am Geburtstage des Kaisers Franz in
der Vereinssynagoge eine deutsche Rede >
haltend, was bei dem damaligen Cultur»
zustande der Prager Iudengemeinde als . ein bedeutender Fortschritt betrachtet
werden muß. 1831 ernannte ihn die
Landesstelle zum weltlichen Ortsschulauf-
seher, 1834 wurde er Handlungsvor-
steher und versah dieses Amt 18 Jahre.
1843 wählte ihn die Prager israelitische
Tempelgemeinde zum Vorsteher, und
während seiner achtjährigen Amtsleitung
hatte er im Tempel das deutsche Lied
und die Confirmationsfeier einge»
führt. 1832 ernannte ihn schließlich die
Prager Israelitengemeinde zu ihrem Vor»
steher, welches Amt er altershalber, und
zwar zum Leidwesen derselben, wenige
Monate vor seinem Tode niederlegte.
Ein bleibendes Denkmal seiner Ge>
meindeleitung ist die Talmud thorah^
schule, welche er ins Leben rief, um
Prags alten Nuf als Sitz der jüdischen
Wissenschaft wieder herzustellen. Für sein
verdienstvolles Wirken erhielt er Ende
1863 das goldene Verdienstkreuz mit der
Krone. Die jüdische Literatur weist
von seiner Feder verschiedene Beitrage in
Zeitschriften seines Volkes und mehrere
Uebersetzungen auf, von denen die me-
trische des „Eloha neschomo" und „Iom
Kipur Koton" erwähnt seien. „Wehli
zählt zu jenen Männern seines Volkes,
die, wie es in einem ihm gewidmeten
Nachrufe heißt, zu einer Zeit, als
Schranke auf Schranke siel, Ausschließung
und Vorurtheil das Feld räumten und
Licht und Luft in das enge Ghetto Ein-
gang fanden, das unvergängliche hisw'
rische Element des Iudenthums, seine
Vergangenheit und Basis, mit den rast-
los vorwärts strebenden Forderungen
der Neuzeit zu verschmelzen wußten. So
war, wie M. I . Land au M . XIV,
S. 69^j, auch Ernst Wehli ein Mann
der Vermittlung."
I l lust r i r ter israelitischer Volkskalen«
der für das Jahr der Welt 3623 (!367).
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wallnöfer-Weigelsperg, Volume 53
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wallnöfer-Weigelsperg
- Volume
- 53
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 332
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon