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Meidmann, Joseph 268 Weidmann, Joseph
geweckte und durch seine bedrängte Lage
genährte Neigung führte ihn zunächst
zum Theater. Er ging vorerst nach
Brunn, lernte tanzen und ließ sich als
Gwtesktänzer vom Director Brunian
engagiren. Drei Jahre trat er als solcher
in dessen Gesellschaft in Balleten und
Poffen auf. Da bekam er mit seinem
Principal Streit und ließ sich in der Hitze
desselben so weit hinreißen, daß er dem
Director eine Ohrfeige gab. Dieser brachte
seine Beschwerde bei der Polizei vor,
welche sofort Anstalt machte, den Jungen
zu verhaften. Als Weidmann Gefahr
witterte, sprang er zum Fenster des
Saales, in welchem eben Probe gehalten
wurde, hinaus, lief in seine Wohnung,
raffte seine wenigen Sachen zusammen
und verließ so eilig Brunn, daß die
Häscher, als sie ihn suchten, das Nach'
sehen hatten. Er schlug den geraden Weg
nach Wien ein, kam aber da aus dem
Regen in die Traufe, denn kaum erfuhr
der Vater seines Sohnes Ankunft, so ließ
er ihn auch schon durch die Polizei auf-
suchen. Weidmann indessen, der von
dem Vorgehen seines Vaters Wind be-
kommen, verbarg sich so lange, bis des
Vaters erste Hitze verrauchte, und verließ
erst das Versteck, als dieser ruhiger ge-
worden war. Nun ließ sich mit dem durch
die Mutter besänftigten Vater auch
leichter reden, und derselbe gab endlich,
ohne sich langer zu besinnen, dem
Sohne die Erlaubniß, die begonnene
theatralische Laufbahn fortzusetzen. Da
in Wien mit dem Tanzen wenig zu
machen war, wendete sich der Sohn dem
Schauspiel zu; doch hegte man von
seinen Gaben nicht zu große Erwartun«
gen, und er mußte sich begnügen, als
Statist angenommen zu werden, 'für
welchen stummen Dienst er an den
Abenden, an welchen er mitwirkte, mit einem Siebener — 7 Kreuzern — ent-
lohnt wurde. Es war noch die denk-
würdige Zeit des Extemporirens. Eines
Abends sitzt er in einem Stücke als
Vehmrichter mit noch anderen Statisten
an einem runden Tische. Prehauser
»Bd. XXI I I , S. 246^. der den Vor-
sitzenden spielte, trägt den fraglichen
Fall vor und wendet sich dann an die
Richter, indem er sie um ihre Meinung
und Entscheidung angeht. Da keine Ant-
wort erfolgte, fpeculirte Prehauser auf
einen Streich, der ihm auf Kosten eines
armen Statisten den Beifall des Publi»
! cums bringen sollte. Und wie im Zorn
gegen die zum ewigen Schweigen ver»
urtheilten Statisten rief er gegen Einen,
und dieser war eben Weidmann: „Da
sitzt ihr nun und keiner bringt eine Sylbe
heraus! Seid schöne Kerls!" Da aber
trat für die dem allgemeinen Gelächter
preisgegebenen Statisten Weidmann
ein, erhob sich in würdevoller Haltung
von seinem Vehmrichterstuhle und sprach
im reinsten Wiener Dialekt: „Na, will der
auch noch, daß wir für an Siebener viel
dischkuriren sollen?" Dieses Extempore
verfehlte seine Wirkung nicht; allge»
meines Gelächter, verbunden mit lautem
Beifall, belohnte den Sprecher. Pre»
hauser aber, der gesehen, daß, statt die
Jacher auf seine Seite zu bringen, die-
selben dem Statisten zugejubelt hatten,
ward nun eifersüchtig auf ihn, verfolgte
ihn, wo und mer immer er nur konnte,
so daß Weidmann, diesem niedrigen
Ränkespiel zu entgehen, die Wiener
Bühne verlassen mußte. Dieser Vorgang
wird auch noch in anderer Weise erzählt,
wir halten uns aber an Heinrich
Schmidt's „Erinnerungen eines Wei-
marer Veteranen", als die wahrschein-
lichste. Nun, 1762, begann für den
armen Statisten das eigentliche „Künst-
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wallnöfer-Weigelsperg, Volume 53
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wallnöfer-Weigelsperg
- Volume
- 53
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 332
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon