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Meil Ritter von Meilen 4 Meil Ritter von Meilen
binnen Jahresfrist einen „armen Hein«
rich" so bühnengerecht zu schaffen, daß
ihn das Burgtheater nicht werde zurück-
weifen können. Und er hat Wort ge-
halten, das Stück wurde gegeben, aller»
dings ohne daß es mehr als einen
Achtungserfolg errang. Dieser Ausgang
entmuthigte aber den Dichter nicht, der
übrigens als solcher in seiner militäri-
schen Stellung in Znaim nicht nur aller
Anregung zu poetischem Schaffen enr-
behrte, sondern überhaupt nicht auf
Rosen gebettet war. Wenn er auch seinen
Dienst pünktlich wie bisher verrichtete,
so sahen es doch, wie dies schon von
jeher ein Uebel stand des Corpsgeistes ist,
seine Kameraden ganz und gar nicht
gern, daß er noch etwas Besseres vor-
stellen wollte; denn wie man auch ge»
neigt ist, über Poeten sich luftig zu
macden, so beneidet man doch immer
einen Menschen, der neben seinen all«
täglichen Eigenschaften auch die noch
nicht alltagliche besitzt, Poet zu sein.
Unter solchen Verhältnissen standen die
Aussichten für Weilen's Muse nichts
weniger als günstig. Dazu war das Her»
langen, mit dem Mädchen seiner Wahl
einen häuslichen Herd zu gründen, auch
noch gekommen und trat immer leben»
diger in den Vordergrund, als der Poet-
Ofsicier immer mehr in feiner Umgebung
sich unbehaglich zu fühlen begann. Da
faßte denn Weilen rasch einen Ent»
schluß, eilte nach Wien, erbat sich eine
Audienz bei seinem obersten Kriegsherrn,
dem Kaiser, legte demselben seine Ver»
hältniffe offen dar und bat, Seine Ma<
jestät wolle ihm gnädigst eine Stelle an»
weisen, in welcher er
sich literarisch weiter-
bilden, geistig streben und schaffen könne.
„Ich werde sehen, was sich thun läßt".
Mit diesen Worten entließ der Monarch
den Bittsteller. Mit wechselnden Empsin- düngen,, halb hoffend, halb verzagend,
kehrte Weilen nach der Audienz sofort
nach Znaim zurück. Als er sein Zimmer
betrat, fand er auf seinem Tische bereits
eine Depesche des Generaladjutanten
Grafen Crennevil le vor, welcher, ihn
beglückwünschend, meldete, daß Seine
Majestät ihn zum Scriptor an der Hof-
bibliothek ernannt habe. Nun war das
heiß Ersehnte und kaum Gehoffte auch
Wirklichkeit geworden. Sofort that Wei>
len Schritte, seinen Austritt aus der
Armee zu bewerkstelligen, im September
186l übersiedelte er nach Wien und
wenige Monate später führte er das
Weib seines Herzens als Frau in sein
neues Heim. I n der Hofbibliothek trat
er seinen Dienst als Scriptor an, und
schon im folgenden Jahre wurde er vom
Kaiser zum Professor der deutschen Lite-
ratur an der Generalstabsschule ernannt.
Dieses Lehramt und der Bibliotheksdienst
gewahrten ihm noch Muße genug, seinem
poetischen Dränge freien Lauf zu
lassen, wozu er sich durch den lebhaften
persönlichen Verkehr mit den geistigen
Größen der Kaiserstadt, wie Gri l l -
parzer, Halm, Laube u. A,, nur
noch mehr angeregt fühlte. So kam nach
mehrjähriger Pause, im December 1864,
auf dem Hofburgtheater das Drama
„Edda" zur Aufführung, welches eine
sehr beifällige Aufnahme fand, aber auch
einen großen Fortschritt des Poeten in
dramatischer Gestaltungskraft bekundete.
Diesem Werke folgte am 18. October
1863 anlaßlich der feierlichen Enthüllung
des Prinz Eugen-Denkmals in Wien die
einactige Gelegenheitsdichtung: „Am
Tage von Oudenaarde", dramati-
sches Gemälde, welches sich so bewährte,
daß es, obgleich Gelegenheitsstück, blei»
bend auf dem Repertoire sich erhielt. Als
dasselbe am 23. Mai 1866, gerade in
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weil-Weninger, Volume 54
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weil-Weninger
- Volume
- 54
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 346
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon