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WeineU 29 Meiner, Johann Paul
Schule und Privatstudien übrig ließen,
dazu benutzte, kleinere Korrespondenzen
für die „Bohemia", ein damals in Prag
erscheinendes beliebtes und stark gelesenes
deutsches Unterhaltungsblatt, zu liefern.
Wenn sich diese Mittheilungen weiter
kaum bemerkbar machten, so wurde dies
anders, als er im denkwürdigen Jahre
1848 für dasselbe Blatt Berichte über
die Stimmung der Landbevölkerung
lieferte, welche sich durch Sachgemäßheit
und eine scharf die Wahrheit schildernde
Charakteristik kennzeichneten. Im Jahre
1849, als nach niedergeworfener Bewe-
gung die Regierungsorgane in über-
großem Eifer das einzubringen ver-
suchten, was sie 4848, wo sie alle den
Kopf verloren, versäumt hatten, wurde
auch Weinelt auf den Verdacht hin,
einem politisch Compromittirten zur Flucht
verholfen zu haben, verhaftet und ein
Jahr lang in kriegsrechtlicher Unter«
suchung gehalten. Frei geworden, kehrte
er zu seinen Studien zurück, deren Gegen-
stand nun die Handelswissenschaften und
moderne Sprachen bildeten, dann trat
er als Buchhalter in eine Fabrik, in
welcher Stellung es ihn aber nicht lange
duldete, da es ihn nach einem geistigen
Wirkungskreise verlangte, der ihm hier
nicht geboten war. Seit Jahren regte
sich in ihm der Drang, überhaupt auf
journalistischem Gebiete wirksam zu sein,
und so trieb es ihn wieder dahin, die
Thätigkeit fortzusetzen, mit welcher er in
frühen Iünglingsjahren begonnen. Als
Korrespondent der „Donau", eines von
Ernst von Schwarzer begründeten po«
litischen Journals, das große Anläufe
nahm, aber schon nach zwei Jahren,
indem es bereits nach wenigen Monaten
fühlbar nachließ, endete, und ferner als
Correspondent des „Wanderer", eines
alten, uor 1848 schöngeistigen, nach 4848 politischen Blattes, war Wei»
nelt in journalistischen Kreisen eine nicht
unbekannte Persönlichkeit, und so gelang
es ihm denn auch, nachdem er seinen
Buchhalterposten aufgegeben, bald eine
seinen Wünschen entsprechende Stelle
zu erlangen. Er nahm die ihm von dem
„Wanderer" 1836 angebotene Stellung
eines Redacteurs für den national-ökono»
mischen und handelspolitischen Theil
dieses Blattes an und wirkte daselbst bis
an sein im Alter von erst 32 Jahren er-
folgtes Ende. Die national ökonomischen
und finanziellen Artikel dieses Blattes,
welche er geschrieben, sind mit der Chiffre
^V oder §§ bezeichnet.
Weiner, Johann Paul (Schrift-
steller, geb. zu Ig lau am 13. Jänner
1813, .gest. in Wien 1839). Seinen
Vater, der Kaufmann und Oekonomie-
bescher in Iglau war, verlor er, als er
erst drei Jahre zahlte, und so blieb seine
Erziehung ganz der Mutter überlassen,
an welcher er mit gcoßer Zlebe hing,
woraus auch die Weichheit der Vmpfin'
düng, die in seinen Arbeiten vorherrscht,
sich erklärt. Zunächst besuchte er die
Pfarrschule, und sobald er lesen konnte,
siel er über alles Gedruckte mit einer Be-
gierde ohnegleichen her. Bald war denn
auch die Bibliothek, welche der Vater
hinterlassen hatte, durchgelefen und
darunter das bekannte Werk des Hof-
rathes Raimarus „Ueber die Triebe
der Thiere", welches denn doch für einen
Knaben seines Alters nicht eben paßte.
Mit neun Jahren kam er auf das Gym-
nasium seiner Vaterstadt, wo seine Lese-
lust noch gesteigert wurde, aber bei der
Lecture von Ritter» und Geistergeschichten,
die er in einer Winkelbibliothek gefunden,
ihn die rechte Richtung verfehlen ließ.
Als er jedoch in den Humanitä'tsclafsen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weil-Weninger, Volume 54
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weil-Weninger
- Volume
- 54
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 346
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon