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Weinrich. Karl Meinrich,
nähere Auskunft verlangten. Nun ging
Wein rieb einen Schritt weiter. Bisber
hatte er aus Kartoffeln Syrup ge-
wonnen, seine Versuche, aus demselben
krystallisirten Zucker zu erzeugen, ge-
langen nicht; die erhaltene Masse war
immer klebrig. Er wollte es nun auf
anderem Wege versuchen und die R u n-
kelrübe zur Zuckerbereitung verwenden.
Zu diesem Zwecke aber mußte er vorher
die Wiege der Rübenzuckerfabrication.
nämlich Frankreicb, besuchen und begab
sich, mit Empfehlungen von dem ihm be»
freundeten Iustus von Liebig versehen,
im Winter 1828/29 auf die Reise dahin.
Daselbst verlegte er sich in den Fabriken
von Crespell«Delisse und Cres»
pel l 'P inta in Arras und Neuville,
von Delisse und Flagolet in Be»
thune auf gründliches Studium der
Rübenzuckerfabricatinn. Im Frühjahr!
1829 auf sein Gut zurückgekehrt, richtete ^
er daselbst sofort eine Versuchsfabrik ein ^
und bebaute ein entsprechendes Areal mit
Zuckerrüben. Die Resultate waren recht!
befriedigende. Im Jänner 1839 ging er,
zum zweiten Male nach Frankreich und!
nach seiner Rückkehr im April desselben!
Jahres veröffentlichte er in einem aus» ^
führlichen Artikel die Erfolge seiner Ver> ^
suche und schilderte die Vortheile, welche
der Landwirthsckaft durck diesen In» !
dustriezweig erwachsen würden. Dieser!
Aufsah erschien in mehreren Journalen
Deutschlands und Oesterreichs. Nun ^
erhielt er wieder eine- große Anzahl von ^
Anfragen, vornehmlich von Leuten, !
welche die Absicht hatten, eine Zucker»!
fabrik anzulegen. Und jetzt tritt der Mo»!
ment ein, in welchem Weinrich's Wirk»!
samkeit für Oesterreich so bedeutungsvoll!
wird und es durch drei Decennien bis zu!
seinem Lebensende blieb. Im Sommer!
machte ihm nämlich Anselm Fürst! « von T hurn und Tar is , Bescher der
! Herrschaften Doubrawih und Lautschin
> in Böhmen, den Antrag, eine Zucker-
! fabrik in Doubrawitz für ihn zu bauen.
! Weinrick leistete dieser Aufforderung
^ Folge und erzielte schon im ersten Anbau
! schöne Resultate. Die Fabrik war auf
! eine Rübenverarbeitung von 30.900
! Centnern eingerichtet. Ein großer Theil
des direct aus dem Saft gewonnenen
! Zuckers kam ordinärem Melis an Weiße
! und Festigkeit gleich und wurde als
solcher in Stücken verkauft, der kleinere
Theil ward nochmals rafsinirt. Schon
^ 1833 gab die Doubrawitzer Fabrik,
welche unter seiner Leitung stand, einen
Reinertrag von 20.000 Gulden. Im
! Sommer 1831 errichtete er im Auftrage
des Fürsten Oettinge n - Wallerstein
^ eine kleine Fabrik in Kuchelbad bei Prag,
^ auf eine Verarbeitung von 46.000 Cent»
nern; 1832 eine solche in Svinai- im
Berauner Kreise, einer dem Wirthschafte
rathe Oppelt gehörigen Herrschaft.
Diese drei Fabriken standen unter seiner
unmittelbaren Leitung, seine eigene in
Recktenbach behielt er als Versuchsfabrik
und um darin tüchtige Werkführer heran-
zubilden, bei. I n den folgenden Jahren
baute er noch, theils allein, theils in Ge>
meinschaft mit v--. Ko dwe i s , in
Böhmen die Fabriken Königssaal (Oet>
t in gen - W al ler ste i n), Stranow
(von Ne up au er), Girna, Smidar
(Waagner), Schlau (Oppelt) , Phi-
livpshof (von Eisenstein). Freilich
hatte er bei diesen Unternehmungen mit
vielen Unannehmlichkeiten zu kämpfen,
ebenso von Seite der Gutsbeamten, die
der neuen Industrie feindselig entgegen-
traten, wie von Seite der Bauern,
welchen der Rübenbau durchaus nicht
einleuchten wollte. Aber er ließ sich durch
diese Unannehmlichkeiten nicht beirren.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weil-Weninger, Volume 54
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weil-Weninger
- Volume
- 54
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 346
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon