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Meintridt) Vincenz ^ Vincenz
Künste in Wien im Jahre l8li2. Von I. F. A.
Gschladt.
Weintridt, Vincenz (Rel igions-
professor an der Wiener Universität,
Ort und Jahr seiner Geburt unbekannt,
qest. zu Nikolsburg, Todesjahr unbe-
kannt). Die Zeit seiner Geburt fällt in
das letzte Viertel des achtzehnten Jahr-
hunderts. Nachdem er die Erzieherstelle
in der Familie des Grafen Stadion
bekleidet hatte, widmete er sich dem Stu»
dium der Theologie, nach dessen Beendi«
gung er das Lehramt der Religions-
wissenschaft an der Wiener Universität
erhielt. Von stattlicher Gestalt und mit
einem kräftigen Organ begabt, rede»
gewandt und von feinen Manieren, war
er weniger tief wissenschaftlich als äfthe
tisch gebildet, schob beim Religionsunter
richte die vorgeschriebene Dogmatik nicht
selten bei Seite und hielt freie Vorträge
halb aus dem Stegreif. Wenn er nun
über Bildung sprach, über die dreieinige
Idee des Wahren, Guten und Schönen,
über das Göttliche, welches sich auch im
Dreiklang der Künste manifestire, so
fühlten sich seine Schüler gehörig ge-
hoben und sogen begierig die mehr schön-
geistigen als religiösen Vorträge ein. Hie
und da entschlüpfte ihm wohl auch ein
Wort, welches mit dem streng ortho-
doxen Lehrbuche des Hofburgpfarrers
I . Fr int Md. IV, S. 366^j nicht
völlig im Einklänge stand, doch gab er
sich als Geistlicher kaum eine eigentliche
Blöße. Er verstand es die Jugend an
sich zu fesseln und spielte bald die Rolle
des Meisters unter seinen Jüngern. Zu
diesen zählten unter Anderen Bauern»
feld, dem wir die meisten Nachrichten
über seinen einstigen Lehrer verdanken,
dann Moriz Schwind M . XXXII I ,
Seite i24^>, Rauscher sBand XXV,
S. 51^, der nachmalige Cardinal und i Erzbischof von Wien. Weintridt führte
^ seine Jünglinge öfter über Land, hielt sie
dann auf diesen Partien, welche durch
Erörterungen über Poesie und Kunst
zwischen dem Meister und seinen Iün«
gern gewürzt wurden, frei und erregte
dadurch zuerst die Aufmerksamkeit ge>
wisser Aufpasser, deren es im Vormärz,
wo ein Spionirsystem unter allen Stän-
den förmlich organisirt war, in allen
Ecken und Enden gab. Bald war an
betreffender Stelle die Anzeige gegen ihn
eingelaufen, daß er die Studenten in
Bierhäuser führe und ihnen Schelmlieder
vorsinge. So standen die Dinge im No-
vember 1819. Obwohl die gan;e Anzeige
erlogen war, wurde sie doch geglaubt.
Da erfolgte im Winter 1820 die Ab-
setzung des Professors der Philosophie an
der Prager Hochschule, Bernhard Bol-
zano sBd. I I , S. 33^, und zwar seiner
allzu freien Vortrage wegen; nun ließ
auch die Absetzung Weintridt's nicht
lange auf sich warten und ereilte ihn
denn auch noch im ersten Semester des-
selben Jahres. Seine Verbindung mit
Bolzano war die Hauptanklage, die
man gegen ihn erhoben hatte. Es hieß
auch, er wäre von Kaiser Franz beauf.
tragt gewesen, die philosophischen Schrif-
ten Bolzano's zu prüfen, hätte aber
dies nicht gethan und sogar vorgegeben,
sie verloren zu haben. Man war von
mehreren Seiten gegen ihn vorgegangen,
und unter anderen fanden sich auch
die sonst so trefflichen „Oehweige"
. Pa ssy's unter den Angreifern des
mißliebigen Weltpriesters. War es ihm
nun auch nicht mehr vergönnt, vom Ka-
theder auf seine Zöglinge zu wirken, seine
Jünger blieben ihm treu und schaarten
sich nur um so enger um den abgesetzten
Lehrer, der durch seinen plötzlichen Sturz
Ich um die gute Laune nicht bringen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weil-Weninger, Volume 54
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weil-Weninger
- Volume
- 54
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 346
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon