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Weiß, I 108
Komiker für seine Bühne zu gewinnen.
Da aber Weiß an derselben nicht ent-
sprechende, Beschäftigung fand, kündete
er schon nacl> wenigen Monaten den
Vertrag und ging nach Marburg, wo er
bald Liebling des Publicums wurde.
1842 kam er zum ersten Male nach Wien
und gastirte mit großem Erfolge als
Schuster Knieriem in „Lumpaci Vaga-
bundus' im alten Ieopoldstädter Theater.
Da sich damals seinem bleibenden Enga-
gement Hindernisse entgegenstellten, ging
er nach Agram, wo er zwei Jahre ver-
blieb und wiederholt auch in croatischen
Stücken auftrat. 1844 kehrte er in seine
Vaterstadt Ofen zurück und spielte da-
selbst auf der Sommerbühne. Nach dem
großen Brande des Pesther Theaters trat
er Ostern 1847 in die Gesellschaft des
Directors />'orst und wirkte in Pefth
neben Rott und t^rün bis 1849 mit
großem Eriolge. Da übersiel ihn mit
einem Male schweres Leiden. Gin Blut-
husten trat so gefährlich auf, daß es den
Anschein hatte, Weiß werde der Bühne
für immer entrissen. Doch die Iugendkraft
siegte, und nach monatelangem Siech-
thum trat er 1830 wieder auf, und zwar
als He iman Le w y in „Paris in
Eipeldau". Nun wechselte er oft das En-
gagement, und wir sehen ihn als Komiker
und Regisseur in Komorn, auf dem im
Redoutensaale zu Pesth errichteten Thea>
ter, unter Glöggl in Preßburg, unter
Director Rol l in Baden und Oeden-
bürg, unter Megerle in Krakau, bis er
1833 unter Director Hoffmann zum
zweiten Male in den Verband des Ioseph-
städter Theaters trat. Daselbst gehörte
er neben Eduard Weiß ssiehe diesen
S. 100^, Tomasell i , Schönau und
Iungwi r th zu den beliebtesten Komi'
kern. Der Poffendichter O. F. Berg
schrieb in seinen damaligen Stücken eigens für ihn manche dankbare Rolle.
Besonders glücklich gestaltete Weiß den
M a u r e r in dem Lebenäbilde „Ein
Wiener Dienstbote". Sehr wirkungsvoll
war unser Komiker, den man zum Unter-
schiede von dem behäbigen wohlbeleibten
Eduard Weiß den „mageren Weiß"
nannte, auch in dem Megerle'scben
Eassa stücke „Die beiden Grasel", in wel-
chem er den einfältigen Dorfwachter gab,
der dem großen Räuber des Waldviertels
immer auf der Spur ist,'ihn aber niemals
erwischt. Die Komik, welche Weiß,.der
von Kindesbeinen auf immer lungen-
leidend war, entfaltete, war eine äußerst
passive, discrete, aber umso wirksamere.
Als einmal Jemand Nestroy gegenüber
bedauernd äußerte: es sei schade, daß
Ignaz Weih nicht über eine kräftigere
Gesundheit verfüge, erwiderte Nestroy
in seiner bekannten schlagfertigen und
kaustischen Weise: „Wenn der nicht krank
wär', wär' er ja gar nicht komisch". Von
Weiß' Rollen nennen wir außer den
schon erwähnten: Da Ang'schmiada,
den S chuhw ichs sabrik anten im
„Wirth von Hetzendorf", den Fleisch«
selch er in „Theaterscandal", Iß ig
Feiteles in „Caprice der Pepita", den
u n g a r i s ch en S ch ulmei st er in „ Sohn
des Räubers", den Hausherrn in
„Hausherr und Zeitgeist" und den Po-
stillon in „Letzte Fahrt". Er erfreute
sich großer Beliebtheit beim Publicum,
aber die Erfolge, welche damals Johann
Fürst als Volkssänger erzielte, ließen
ihn, den früheren Volkssänger, nicht
ruhen. Mit einem Male wurde es ihm
auf der Bühne zu enge, er verließ sie im
Herbst 1860-und wurde wieder — was
er zuerst war — Volkssänger. In
diesem Berufe hielt er es aber kaum über
ein Jahr aus. Das allabendliche Singen
in raucherfüllten Wiithshausräumen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weil-Weninger, Volume 54
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weil-Weninger
- Volume
- 54
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 346
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon