Page - 52 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Weninger-Wied, Volume 55
Image of the Page - 52 -
Text of the Page - 52 -
Werner, Gregor Joseph Werner, Gregor Joseph
Werner, Georg (Arzt) I^S. 97, in
den Quellen, Nr. 7^.
Werner, Gregor Joseph (Compo-
siteur, geb. im Jahre 1691, gest. zu
Eisenstadt am 3. März 1766). Ueber
diesen ebenso originellen und nicht ge»
wohnlichen Tonkünstler sind nur unzw
reichende Nachrichten vorhanden. So ist
es nicht bekannt, wo er seine musicali«
schen Studien gemacht und zum Compo»
nisten sich herangebildet hat. Doch muß
es früh geschehen sein, da er schon in den
Dreißiger-Jahren seines Alters bei der
Hauscapelle des regierenden Fürsten Ni-
colaus Eszterhazy zu Eisenstadt als
Capellmeister angestellt war. Der Fürst
besaß nämlich zwei Capellen: eine zu
Eszlechäz für die Oper, das Schauspiel
und für Kammerconcerte, welche Joseph
Haydn dirigirte, die zweite in Eisen-
stadt für Kirchenmusik, deren Leitung
unserem Componisten, der als tüchtiger
Contrapunctist galt, übertragen war. I n
dieser Stellung hatte Werner reiche Ge-
legenheit, sein Compositionstalent walten
zu lassen, und so brachte er Oratorien,
Cantaten, Messen und andere Kirchen-
Musikstücke und ungeachtet für Opern
Eszterhäz bestimmt war, auch solche zur
Aufführung. Doch sei hier noch bemerkt,
daß, als Haydn als Capellmeister in
Fürst Eszterhäzy'sche Dienste trat
(l760), W e r n e r bereits in hohen
Jahren stand, woraus sich denn auch der
Gegensatz beider Meister in Ansichten
und musicalischer Richtung ergibt. So
erklärte Werner den nachmals so be»
rühmt gewordenen Joseph H a y d n ,
dessen Schöpfungen heute noch fortleben,
während er selbst — wenngleich mit Un«
recht — vergessen ist, für eine „Mode»
puppe"; und als Haydn eines Tages
von Eszterhäz nach Eisenstadt kam, um die sogenannte 6/4 Messe in <F-<^?- dort
aufzuführen, und Werner um das Ur-
theil darüber gefragt wurde, antwortete
dieser: „Ein Gsanglmacher". Dieses Ur-
theil kam Haydn zu Ohren, welcher
sich aber dadurch nicht beirren ließ, son»
dern eine Messe im strengen Style com»
ponirte, die er selbst Werner vorlegte,-
und nun stand dieser auch nicht an, dem
Werke volle Anerkennung zu zollen. Von
dieser Zeit datirt seine Achtung für
Joseph Haydn. Wohl über 40 Jahre
stand er in fürstlichen Diensten und com>
ponirte neben vielem Anderen alljährlich
die geistlichen Oratorien, welche in der
Charwoche in der Chorfrauenkirche am
heiligen Grabe aufgeführt wurden. Auf
diese Weise entstanden die auf Seite 34
namentlich angeführten Oratorien, und
merkwürdig genug fallen mehrere der»
selben gerade in die Periode, als der
große Händel in dieser Musikgattung
in England so großes Aufsehen erregte,
ohne daß dem in völliger Zurückgezogen»
heit in Eisenstadt lebenden anspruchs»
losen Werner von dieser Thatsache
auch nur die geringste Kenntniß zu Ohren
gekommen wäre, ja noch mehr: wieder«
holt begegneten sich beide Tonkünftler in
der Wahl des Gegenstandes, den sie
musicalisch bearbeiteten. Leider waren
die letzten Jahre unseres Komponisten
durch andauernde Kränklichkeit getrübt.
Als Werner, 73 Jahre alt, starb,
wurde Joseph Haydn dessen Nach»
folger. Obgleich Werner viel componirt
hat, sind doch nur vier seiner Composi«
tioien im Stich erschienen, seine zahl«
reichen anderen Werke werden im fürst«
lichen Archiv zu Eisenstadt in Handschrift
aufbewahrt. Was nun den Geist und die
künstlerische Bedeutung seiner Schöpsun«
gen anbelangt, so gehört unser Ton<
dichter zwar noch jener Zeit an, in der
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon