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Werner, Richard Marin 70 Werner. Richard Maria
frĂĽh auf waren Literatur und Geschichte
seine Lieblingsfächer, Theaterbesuch und
eine ausgedehnte Lecture traten nicht
minder bildend hinzu. Insbesondere
machten Gril lparzer's Dramen, deren
Originalausgaben sämmtlich in des Va»
ters Bibliothek standen, den ersten ge>
waltigen Eindruck auf den jungen 3eser,
und Werner erzählt selbst, wie er „Das
goldene VlieĂź", freilich nur halbverstan
den, förmlich verschlang. Zehn Jahre
alt. besuchte er das Gymnasium in
Iglau, dann in Brunn, Znaim und zu
letzt in Prag, wohin der Vater in rascher
Beförderung übersiedelte. Nachdem er in
letztgenannter Stadt die Vorbereitungs-
studien auf dem Kleinseitener Gymna
sium beendet hatte, legte er— siebenzehn
Jahre alt — die Maturitätsprüfung mit
Auszeichnung ab. Noch während seiner
Gymnasialzeit begann er mit kleineren
schriftstellerischen Arbeiten und veröffent-
lichte auch eine umfangreiche Studie ĂĽber
die Treue in Gril lparzer's Dramen.
Im October 1872 bezog er die Univer»
sitat in Wien, auf welcher ihn der Un>
terricht seines Oheims Karl Tomaschek
Md.XI .V I , S. 49^j, Richard Hein-
zel's und Alexander Conze's mächtig
förderte. 1876 wurde er auf Grund einer
Dissertation: „Heinrich von Morungen,
ein Beitrag zur Geschichte und Phraseo«
logie des deutschen Minnegesangs" zum
Doctor der Philosophie promovirt. Neben
dieser Arbeit aber hatte er unter Leitung
seiner beiden Lehrer Heinzel und To-
maschek bereits mehrere andere voll»
endet, welche auch bald darauf im Druck
erschienen. Ein Reisestipendium, welches
ihm die österreichische Regierung verlieh,
setzte ihn in die Lage, StraĂźburg zu be>
suchen, wo er an dem jĂĽngst verblichenen
Wilhelm Scher er einen Lehrer und
Freund fand, der in Werner's einzu- schlagenden Lebensgang entscheidend ein<
griff. Daselbst vollendete er auch seine
Monographie ĂĽber Ludwig Philipp
Hahn — die Titel seiner Schriften
folgen auf S. 71 — und begann einiges
Andere, wie die Vorarbeiten zu einer
Ausgabe Tau le r ' s , Studien ĂĽber
Goethe's Aufnahme bei seinen Zeit»
genossen u. s. w. Im Jahre 1877 begab
er sich nach Berlin, wo er auĂźer den
Vortragen des mittlerweile nach Berlin
übersetzten Scherer auch jene Müllen»
hoff's hören konnte. D'e Schätze der
königlichen Bibliothek und der Nachlaß
des aus der Goethezeit bekannten
Schriftstellers Friedrich Ni colai nahmen
ihn zunächst in Anspruch. Im Sommer
1878 habilitirle er sich auf Grund einer
Ausgabe der Baseler Bearbeitung von
Lambrecht's „Alexander" und eines
Vortrages ĂĽber den jungen Goethe als
Privatdocent fĂĽr deutsche Sprache und
Literatur an der Gratzer Universttat
und begann noch im Wintersemester 1878
seine Vorlesungen, welche er durch zehn
Semester — bis zum Sommer 1883
fortsetzte. Von Gratz aus unternahm er
wiederholt wissenschaftliche Reisen nach
Deutschland und verweilte behufs seiner
Studien und Forschungen vornehmlich
mehrmals längere Zeit in Berlin. I in
Mai 1883 wurde ihm die außerordent»
liche öffentliche Professur der deutschen
Sprache und Literatur an der k. k.
Franzens »Universitär in Lemberg ver>
liehen, und noch im Winter desselben
Jahres eröffnete er seine Vorlesungen.
Auf Vorschlag der Lemberger philoso»
vhischen Facultät ward er im December
1886 ordentlicher öffentlicher Professor
der bis dahin vorgetragenen Lehrfächer.
1883 vermalte er sich mit Anna ,
Tochter des Salzburger Gewerken Franz
G u g e n b i ch
l e r.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon