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Werner, Zacharias 88 Werner, Zacharias
behalten in den ihnen längstbestimmten Himmel
einziehen. Das Schicksal spielt eine Zeit lang
Verstecken mit ihnen, hier wird dem Aus»
erwählten das geheimnißoolle Thal, dort die
mystische Geliebte verborgen, und zuletzt wird
ihnen die Binde uon den Augen genommen.
Der Schüler wird ein Eingeweihter und der
Geliebte findet seine andere Hälfte; wären
die beiden Leute auch noch so weit von ein«
ander entfernt, das Schicksal bringt sie zu«
sammen. und sollte sich „der Nordpol zum
Südpol beugen" müssen. Da dem Helden
auf diese Weise alle Freiheit genommen ist,
so kann auch diese Art Poesie niemals zur
tragischen Würde sich erheben, wie große
Mühe Werner sich auch deshalb gegeben
hat. Ircheß mangelt es seinen Gedichten nicht
an religiösem Tiefsinn und an einer gewissen
, Gluth der Andacht, besonders in den lyrischen
Stellen, die ihnen außerhalb der Bühne einen
Werth verleihen. Auch hat er fast immer nur
die Lichtseite jenes Fatalismus aufgefaßt, sein
einziges vollkommenes Nachtstück war „Der
24. Februar"."
V. Werner und seine drei Frauen. Als Ergän«
zung zur Biographie fügen wir nach Wer<
n er's eigenen Aufzeichnungen das Wichtigste
über seine drei Frauen bei, die er selbst
übrigens nur als ein wenig beachtenswertyes
Beiwerk seines Lebens ansah, und über
die er daher wie über etwas ganz und
gar Gleichgiltiges hinwegging. „ Im Jahre
l?9i", schreibt Werner, „lernte ich im
Winter in Königsberg eine H. aus Frankfurt
a. d. O. kennen. Bis Iohanni schleppte ich
mich mit ihr als Maitresse. Uni jene Zeit
ging ich mit ihr durch, weil Mein Herr Vetter
C., der anfangs meinen Umgang mit ihr be»
Mnstigte, mich mit einem Male zum Gegen»
theil zwingen wollte. Ich zog zigeunermäßig
und unter Lebensgefahr mit dem Weibe in
einer Kibitke von Königsberg über DanziZ.
Tdorn u, s. w. nach Warschau. Dort ward
ich n'.it derselben eiligst und schleunigst ge«
traut und kehrte dann mit ihr wohlbehalten
nach Königsberg zurück." Nach der Schilde»
rung seines wechselvollen Lebens während der
Jahre 1792—j?!)4 in Königsberg. Petrikau,
Thorn, Plozk schließt er diese Episode mit
seiner ersten Frau mit den Worten: „Meine
Frau lebte in Plozk nach Herzenslust mit
einem schlechten Komödianten W. Ich trennte
mich daher gerichtlich >von der mir unwerthen
(5reaiur und gab ihr zur Abfindung ein kleines Capital — ... Ich fahre in meiner
Leidmsbiographie fort. Im Jahre t?99 ging
ich nach Königsberg auf Urlaub. Zufällig
lernte ich hier eine Demoiselle I., Tochter
einer verwitweten Crimmalräthin kennen, die
eine Legion Liebhaber gehabt, angeblich auch
noch einige tausend Gulden in donis hatte.
Man schaffte mir ihre Bekanntschaft; Alles
ward darauf angelegt, uns zu verkuppeln und
ich. aus Tollheit, aus Ekel vor dem (Zölibat,
halb auch (so tief war ich gesunken) aus In«
teresse. heiratete sie ohne alle Iiebe. Bei ihr
war es der nämliche Fall. Im November
1799 war unsere Hochzeit zu Königsberg. Es
war eine jämmerliche Ehe. ohne Haß, ohne
Liebe... Im Frühjahr 180l ließen wir uns
mit beiderseitiger Einwilligung von der War»
schauer Regierung förmlich scheiden, wobei
ich mein letztes väterliches Capital als Abtrag
bezahlen muhte. Itzt war ich zwei Frauen
und den Rrst meines väterlichen Erbes los.
Um eben diese Zeit ungefähr lernte ich eine
achtzehnjährige Polin kennen, die Tochter eines
Warschauer Schneidermeisters M.... ich liebte
sic vom ersten Augenblicke, als ich sie sah, und
ich, der zweimal geheiratet und sich getrennr
hatte, liebte jetzt in meinem dreiunddreißigstcn
Ial^re zum ersten Mal. Im August 180 l war
unsere Hochzeit, und bis ii;t (li><>4) ist sie das
erste hauptsächlichste Glück n eineö Lebens.
Außer meiner seligm Mutter kenne ich kein
Weid — und ich habe sehr viele Weiber sehr
genau kennen gelernt — uon einer so glü»
henden Phantasie als meine ihine Frau u. s. w."
Aber diese überschwengliche Leidenschaft war
nicht uon langer Daurr. Als er später ohne
sein Zuthun nach Berlin versetzt worden war
und dort bald der Löwe des Tages wurde,
vernachlässigte er seine Frau so unbarmherzig,
daß auf beiderseitigen Wunsch die Trennung
der Ehe erfolgte. Man findet hie und da er«
wähnt, day Werner aus einer oder der
anderen seiner drei Ehen .^ind^r entsprossen
seien, dem ist nicht so. Alle Eben blieben
sinderlos. Ueberhaupt scheint er über Frauen
und die Ehe seine eigenen Gedanken gehabt
zu haben; wenigstens erzählt man sich von
ihm. daß er auf eine an ihn gerichtete Frage:
weshalb e6 im Paradies keine Ehen gebe,
cntgegnete: „Weil es in der Ehe kein
Paradies gibt". Jedenfalls war er nach drei
mißglückten Ehen competent zu einer Ant»
wort auf diese Frage. ^Blätter für litera«
rische Unterhaltung, 1827. Nr. t und 2: „Zur
Biographie des Dichters Werner". (Der be»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon