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Mertheim, Wilhelm 117 Wertheim, Wilhelm
chen das Religionsbekenntniß eine große
Rolle spielte, nicht mehr als eine Do-
centur seines Faches an der Wiener Uni-
verntat anzubieten im Stande war und
an jede weitere Aussicht die Bedingung
seines Uebertrittes zur katholischen Kirche
knüpfte, ließ er, verstimmt und entschieden
einen Glaubeuswechsel abwehrend, jeden
weiteren Versuch üls vergeblichen fallen
und kehrte nach Paris zurück, nichl nur
um ferner dort zu bleiben, sondern sich
auch als Franzose Naturalisten zu lassen.
„Oesterreich und mit ihm Deutschland",
heißt es in seinem Nekrologe, „verloren
auf diese Weife einen ausgezeichneten
Förster, wahrend seine Arbeiten in der
Folge mit dazu beitrugen, den Ruhm der
französischen Gelehrsamkeit zu vermehren,
welchen Zuwachs dieselbe doch nur dem
österreichischen Gelehrten verdankt. Aber
Frankreich besaß hinwieder ein Recht auf
ihn und durfte dessen Arbeiten als sein
Eigenthum betrachten, da es dem Ge>
nius den Boden zur Entwicklung des-
selben gewährt hatte." Bald nach seiner
Rückkehr wurde Wert he im als Kxa-
lainlUenr «1'entr6c an der berühmten
Pariser l-Ioole pol^teolinigue angestellt,
dann bei der Pariser Weltausstellung
ll533 zum Mitgliede der Jury ernannt
und bei dieser Gelegenheit mit dem
Orden der Ehrenlegion ausgezeichnet.
Von da ab lebte er in stiller Zurück'
gezogenheit, ausschließlich mit seinen wis»
senschaftlichen Arbeiten beschäftigt. Da
wurde er im Jahre 1869 — wohl in»
folge zu großer geistiger Anstrengung —
von einem tiefen Trübsinn befallen. Im
Jänner l86l unternahm der Gelehrte
eine Reise von Paris nach Tours, wo er
sich von dem Glöckner die Kathedrale
von Saint Gatien öffnen ließ, dann den
Thurm, wie um von demselben die Aus»
sicht zu genießen, bestieg und auf der Plattform angelangt, sich in die Tiefe
hinabstürzte. Da er sich in guten pecu-
niären Verhältnissen befand, eine ange»
sehene Stellung besaß und von früher
Jugend an als scharfer Verstandesmensch
galt, wenig gemacbt zu Ouersprüngen
des Gemüthes, so fand sich keine andere
Nrsacbe für diesen Selbstmord vor als
der Trübsinn, dem er seit Monaten ver»
fallen war. Wie bemerkt worden, hatte
sich W e r t h e i m dem Studium der
Naturwissenschaften und unter diesen
vornehmlich der Physik zugewendet. Der
Gegenstand, den er sich in dem umfassen»
den Gebiete derselben erwählie, war vor
Allem die Prüfung und Erforschung der
Gesetze der Elasticität, sowohl im
Zusammenhange mit den sonstigen physi»
calischen Eigenschaften dcr Körper, als
auch in ihrer etwaigen Uebereinstimin'.mg
mit den darüber aufgestellten Theorien.
Er knüpfte mit seinen Untersuchungen an
die seiner Vorgänger Bernoni l l i , No»
vier, Poissier und Cauchy an und
gelangte dabei ^u neucn Nesultaten.
1842 überreichte er der französischen
Akademie seine erste Arbeit: „Ueber die
Elasticität und Cohäsion der Metalle".
Er dehnte nun seine Forschungen aus,
indem cr, wie vorher die einfachen Me-
talle, nunmehr eine große Reihe von Le-
girungen seiner Untersuchung unterzog.
Auf die Metalle und ihre Legirungen
folgten in den Jahren l844—l846 seine
Untersuchungen über die Elasticitäts-
eigenschaften der Glaser, Hölzer und der
Gewebe des menschlichen Körpers, welche
letzteren namentlich für den Physiologen
ebenso interessant als werthvoll sind.
Das nächste Problem, welches er sich zu
seinen Forschungen wählte, griff in das
Gebiet der Akustik', er untersuchte die
Geschwindigkeit des Schalles in Flüssig,
keiten, die tönenden Schwingungen in
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon