Page - 126 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Weninger-Wied, Volume 55
Image of the Page - 126 -
Text of the Page - 126 -
Wertheimer, Iofeph Wertheim er. Joseph
erste in Oesterreich gewesen; sie war nur
die erste in Böhmen. Bald folgten ahn«
licke Institute auf der Wieden und in
Margarethen. Das Aufblühen derselben
veranlaßte die Gründling eines Central-
Vereines, dessen oberste Schutzfrau die
Kaiserin Karol ina Augusta wurde.
Wertheimer ward zu den Berathungen
dieses Vereines als ständiges Mitglied
beigezogen. Als bald darauf der Wiener
Hilfsverein und der Schuhverein für
entlassene Sträflinge und verwahrloste
Kinder ins Leben traten, wirkte unser
Humanist, der bei ihrer Gründung auf
das eifrigste mitthätig gewesen war, als
Vereinsdirector für das Wohl entlassener
Sträflinge auf das segensreichste. !840
rief er einen Verein zur Beförde-
rung der Handwerke unter den
inländischen Israel i teu ins Leben.
Dadurch ward nicht nur den Kindern
armer jüdischer Eltern die Möglichkeit
geboten, in Wien ein Handwerk zu er»
lernen, sondern es fiel auch das Vor-
urtheil von der Arbeitsscheu der Juden,
und thatsächlich wendeten sich bald Hun»
derte den Handwerken, und zwar den an»
strengenderen, wie der Schlofferei, zu.
^843 gründete er nun die israelitische
Kinderbewahranstalt in der Leo
poldstadt. Dieselbe befand sich ur-
sprünglich in einem gemietheten Locale.
Als er in der Folge sich um die Begün»
stigung bewarb, für diese Anstalt ein
eigenes HcuN erbauen ;u dürfen, gelang
es seinen Bemühungen, vereint mit denen
seiner Gattin und der Wiener Frauen
Sophie Freiin von Todes co, Emilie
von Schnapper , Luise B e y f u ß,
Rosa Schiff, Sarah von Stern und
Ottilie Bondy, durch Spenden und
Darlehen wohlthätiger Gemeindeglieder
die Mittel zum Bau eines Hauses
zusammenzubringen, welches dann so» fort auf der Haide Nr. 9 erbaut, am
16. Mai t838 feierlich eröffnet und seiner
Bestimmung übergeben wurde. Im Fe-
bruar 1868 fand die Jubelfeier des fünf-
undzwanzigjahrigen Bestandes dieser An>
stalt statt, in welcher auch die Spiele
und Beschäftigungen des Fröbel'schen
Kindergartens eingeführt waren. Im
Sommer letztgenannten Jahres besich.
tigte W e r t h e i m e r in Gotha die
Köhler'fche Anstalt für Kindergart'
nerinen, durch welche die Gründung
einer gleichen in Wien in Verbin-
düng mit der israelitischen Kleinkinder'
bewahranstalt angeregt worden war.
Nun legte er das Programm dieses neuen
zu errichtenden Institutes, des ersten in
Oesterreich-Ungarn, der Regierung vor,
welche es genehmigte, worauf am l. Ok-
tober 1868 auch der Lehrcurs eröffnet
wurde. Lange früher noch, nämlich 1834,
hatte er schon die Gründung eines Pen>
sionsinstitute s für israelitische
Bethausbeamte ins Leben gerufen.
Die Sitte, daß diejenigen Israelitm,
welche sich um das öffentliche Wohl be»
sonders verdient gemacht, an der an vier
großen Festtagen abzuhaltenden „Seelen»
feier" namentlich angeführt werden, bot
ihm eine Handhabe zur Verwirklichung
dieser Idee, denn durch Wort und Bei-
spiel hatte er dahin gewirkt, daß sich an
diesen Brauch bedeutende Schenkungen
und Vermächtnisse knüpften, wodurch das
erwähnte Pensionsinstitut ins Leben ge>
rufen wurde. Aber immer wieder behielt
dieser Humanist die Kinder im Auge.
Bei einem Festmahle im Jahre 4860
hielt er im Namen des Vorstandes der
israelitischen Cultusgemeitide einen Vor»
trag, zum bleibenden Andenken des den
Iscaeliten verliehenen Rechtes, unbeweg-
liches Eigenthum zu besitzen, einen Ver-
ein ^ur Erziehung israelitischer
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon