Page - 138 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Weninger-Wied, Volume 55
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Nicolans (Vater) 138 Messelenyi) Nicolaus
ein Oelbild erhalten, das den Freiherrn
Nicolaus und dessen Gattin Helene
nebeneinander darstellt. Und im Bilde
erkennt man den Engel des Mannes,
dem aus jedem Gesichtswinkel die Leiden«
fchaft hervorguckt. Wesselönyi lebte
seit seiner Rückkehr in die Heimat auf
seiner Burg Zsibo, welche in einer Ge-
gend lag. die reich an herrlichen Natur-
reizen, aber auch an Merkmalen grauen-
hafter Schrecken der Natur wie des
menschlichen Verwüstungstriebes, welche
beide heute noch sichtbar sind. Während
am Fuße der hier stch thürmenden Ge>
birge die herrlichste Vegetation dem Auge
entgegenlacht, treiben heute durch Regen»
güsse angeschwellte Bergströme oft Ka-
nonenkugeln und versteinertes Seegethier
zugleich aus dem Geklüfte der Berg»
spitzen ins Thal: stumme Zeugen der
ersten riesigen Staaten- und Erdrevo-
lutionen. Da hauste der Freiherr,, mit
dessen Erscheinen die bis dahin Herr»
schende Ruhe aus der Gegend gewichen
war. Nun widerhallten die Räume des
Schlosses von Waffengeklirr, denn der
Freiherr hatte sofort nach seiner Ankunft
die Burg armiren und alte rostige Ka>
nonen an den entsprechenden Punkten
aufführen lassen; die Hufe ungezähmter
Rosse zerstampften die Fluren, die als
Eigenthum weit umher das Schloß um-
gaben, Fanfaren tobender Iägerschaaren
scheuchten Wild und Vögel auf in Wald
und Hain. Des Freiherrn Gastfreund-
schaft, seine stets reich besetzte Tafel, sein
Marstall und seine Meute wurden bald
weit und breit berühmt, und so ward
denn Zsibo der Sammelplatz aus Un-
gärn und Siebenbürgen herbeiströmender
Gäste, Iagdfreunde, Pferdeliebhaber und
Kenner guter Weine und Speisen. Das
tolle Leben im Schlosse zu schildern,«
müssen wir unterlassen; daß dabei die z hippologischen Liebhabereien des Haus»
Herrn manchen Gast geradezu in Lebens«
gefahr brachten und der Freiherr dabei
immer sein Kaltblut bewahrte und sich
am Schrecken derjenigen weidete, die
ihm, dem Reiter ohne Gleichen, der mit
dem Pferde gleichsam verwachsen schien,
in die Falle gingen, daß es an den auf»
regendsten Scenen aller Art nicht fehlte,
daß die Gattin zitterte, wenn der Frei-
Herr seine eigenen Kinder Dinge durch«
machen ließ, bei denen das Leben der»
selben an einem Haare hing, das Alles
mag bloß nebenbei erwähnt werden. Nur
eine seiner Ungeheuerlichkeiten sei in
Kürze erzählt, weil, wie die Sage geht,
Kaiser Franz selbst, als er Zsibo be-
suchte, dieselbe erlebt haben soll. So be»
reitete es dem Schloßherrn ein Vergnü»
gen sondergleichen, einen oder den an-
dern Gast zu einer Spazierfahrt im
eigenen Wagen einzuladen. Im Anfange
fuhr derselbe ganz gemächlich auf der
Fahrstraße. Mit einem Male aber rasten
die durch allerlei Kutfcherkunstgriffe ge>
reizten Pferde, dieselbe verlassend, über
Stock und Stein davon. Da warf Wes»
selönyi die Zügel hin, ließ die Rosse
gewähren, und das Viergespann flog wie
ein Pfeil über Feld und Gestrüpp immer
weiter und weiter, bis es nur wenige
Schritte von dem steilen Ufer der Szamos
oder eines anderen reißenden Wassers
entfernt war. Den Mitfahrenden sträub»
ten sich die Haare zu Berge, sie sahen
keine Rettung mehr, nur der Freiherr
blieb ruhig und weidete sich an der
Todesangst seines Gastes. Da läßt der
Freiherr mit einem Male einen schrillen,
die Lüfte weithin durchdringenden Pfiff
ertönen und die rasenden Thiere halten
wie festgewurzelt plötzlich stille. Solche
und ähnliche Stücke gingen im Volks«
munde umher. Da nahmen alle diefe
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon