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lselenyi) Nicolaus (Vater) 14(j Wesselenyi, Nicolans (Vater)
wuchs der Tumult, da der junge Beamte
unbeirrt noch immer seinen Platz behaup«
tete und fleißig fort notirte und schrieb.
Das brachte den Ausbruch des Sturmes
hervor. Was soll der Spion in unserer
Versammlung?" „Wer wagt es, unsere
Reden niederzuschreiben und das Wort
aus dem Hause zu tragen?" Solche und
ähnliche erregte Aeußerungen wurden
laut, und endlich packte der sich bedroht
sehende Kanzlist — der spatere Hof-
kanzler Aleriuü Nopcsa — seine Pa-
piere zusammen und schickte sich an, den
Berathungssaal zu verlassen. I n diesem
Augenblicke erhob sich Freiherr von W e s-
selsnyi, und der bis dahin nur aus
seinen excentrischen Handlungen Be»
kannte hielt seine Jungfernrede zum
Schutze der Oeffentlichkeit der
Rede. Man horchte, man horchie immer
gespannter; seine beredten Gründe sieg»
ten, und das tosende Gewitter, das vor
wenigen Minuten noch über das Haupt
des jugendlichen Berichterstatters sich zu
entladen drohte, verwandelte sich in
einen anhaltenden Beifallssturm für den
beredten Anwalt der Oeffentlichkeit der
Landtagsverhandlungen. Nopcsa ver»
blieb im Saale, notirte ruhig weiter,
und eben seinen Notizen verdankt man
! eine ergiebige Quelle zum Studium der
Geschichte des denkwürdigen Landtages
vom Jahre 1791, den Csengery unter
allen späteren bis zu 1K34 gehaltenen
als den glänzendsten bezeichnet. Denn
derselbe bestimmte über das öffentliche
Recht Siebenbürgens. Die historische
alte Conftitution war infolge der vor-
angegangenen politischen Gleichgiltig'
keit, veranlaßt ebenso durch die Regie»
rung, die keine Ursache hatte, daran zu
erinnern, als durch die Bevölkerung, die
sich unter dem milden Scepter Mar ia
Theresiens und Josephs ganz wohl
dem ruhelosen Magnaten ein anderes
Feld zur Arbeit anwiesen, und nun er«
hält der Name des Freiherrn Nicolaus
Wessel^nyi, des Vaters, auch sein
Blatt in der Geschichte. Mit dem Jahre
1791 begann eine bedeutungsvolle
Epoche in Ungarns Staatsleben. Ueber
sein vergebliches Ringen, einen mäch-
tigen Gesammtstaat zu schaffen, war
Kaiser Joseph gebrochenen Herzens ge-
storben, nachdem er kurz vor seinem
Tode, da infolge feiner Neuerungen die
Unruhen in Ungarn ausbrachen, die von
ihm getroffenen Verfügungen zurück-
genommen hatte. Es kamen nun politisch
sehr bewegte Zeiten. Besonders in Un»
gärn gab sich dieser Umschwung in be-
drohender Weise kund. Ein Theil der
amtlichen Documente, die Vorarbeiten
zum Cataster, die Conscription, die
Daten zur Landesausmefsung wurden in
stürmischen Comitatsfchungen und außer<
halb derselben mit bakchannscher. Feier>
lichkeit verbrannt. Nach des Kaisers
Leopold I I . Krönung gestaltete sich
Alles wie zuvor. Nach Jahrzehnten ward
auch in Siebenbürgen der erste Landtag
eröffnet. Wesselenyi erschien gleich,
falls als Mitglied auf dem Landtag 4791,
und schon in den ersten Tagen richtete
sich die Aufmerksamkeit des Parlamentes
auf ihn. Als nämlich dasselbe feierlich
eröffnet worden, erschien auch ein zwanzig,
jahriger Kanzlist, mit einem Actenbündel
unter dem Arme, im Berathungssaale,
wohnte den Verhandlungen mit großer
Aufmerksamkeit bei und notirte sich das
Wichtigste derselben. Bald wurden die
Versammelten, denen es schien, als ge>
höre der junge Mann gar nicht Hieher,
auf ihn aufmerksam, herausfordernde
Stimmen erhoben sich, die Anwesenheit
eines Regierungsbeamten ward bean-
ständet, und von Minute zu Minute
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon