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Messel,'nyi) Nicowus (Vater) 141 Welsel5nyi, Nicolnus
fühlte, völlig vergessen, und erst die Ein»
griffe Josephs in die alte Verfassung
weckten wieder die Erinnerung an die»
selbe. Der Landtag 1791 begann daher
gemeinrechtliche Gesetze zu verfassen und
nahm die alten Privilegien des Landes
zur neuen Revision vor. Die ssonstitui«
rung wurde en Frc>5 betrieben. In kurzer
Zeit reorganifirte der Landtag das Comi'
tatswesen, die Iurisdictionen und das
Gubernium auf Grundlage der geschicht»
lichen Rechte und des Vertrages mit 3eo»
pold. Dabei kämpften die Parteien
leidenschaftlich genug über die vorkam-
menderi Gegenstände, aber immer noch
mit Zurückhaltung; nur die Aeußerungen
Wessel^ny i's besaßen die Scharfe par-
lamentarischer Debatten, wie sie heut-
zutage vorzukommen pflegen; er war der
entschiedene Gegner aller Regierenden
und durch seine Rücksichtslosigkeit, die
aber immer den Nagel auf den Kopf
traf, die Geißel der sogenannten Hof»
Partei, die aber auch immer nur in ihrem
und nicht im eigentlichen Interesse des
Hofes hantirte und amtirte. Ohne eben
eine Iührerrolle zu übernehmen, denn
dazu war er zu leidenschaftlich, war er
doch der eigentliche Sprecher und Vor-
kämpfer seiner Partei, unermüdlich im
Kampfe, unermüdlich im Ansturm und
dabei unbestritten das größte Redner-
talent der Opposition. Sein donnerndes
Organ, schildert ihn Ke möny, beherrschte
stets den Lärm der Debatten; der gebie-
terische Blick seines blitzenden Auges ver-
blüffte Freund und Feind. Er wußte
seine heftigen Angriffe stets mit dem
ganzen Zauber der bis zur Schwärmerei
gesteigertrn Ueberzeugungsinnigkeit, in
den kühnsten Wendungen, doch stets im
edelsten Schwünge dem Gegner auf das
Haupt zu donnern. Sein reizbares Ge«
müth riß ihn wohl oft über die Schran- ken hinaus, sein Vortrag verstieg sich in
die grenzenlosen Regionen der Leiden»
schaftlichkeit, wo das Wort nicht mehr
in der Gewalt des Redners; doch die
eherne Logik seiner Argumente verließ
ihn niemals, gleich einem unverlösch-
lichen Pharus leuchtete sie ungeschwalbt
durch die Nacht unbezähmbarer Leiden-
schaftlichkeit seines Gemüthes. Messe-
l.'Ny i's parlamentarische Thätigkeit blieb
während aller Landtage von 1?9l bis
1899 immer die gleicke, er war und
blieb das Haupt der Opposition. Sie
nach den einzelnen wichtigen Momenten
zu zeichnen, so dankbar diese Arbeit als
parlamentarisches Studium wäre, ist
nicht unsere Aufgabe. Nur zwei Mo>
mente aus seinem parlamentarischen
Leben wollen wir hervorheben, das eine,
um zu zeigen, in welchem Ansehen er
stand, das andere, um hervorzuheben,
wie er trotz seiner vehementen Leiden-
schaftlichkeit im entscheidenden Augen«
blicke sick zu beherrschen verstand. I n
einer der Debatten ging er mit gewohnter
Rücksichtslosigkeit der Gegenpartei zu
Leibe; seine persönlichen Ausfälle sta«
chelten endlich die Gemüther so auf, daß
ein gewaltiger Sturm in der Versamm»
lung ausbrach und ein Ordnungsruf
gegen ihn verlangt wurde. Ein Ord°
nungsruf in damaliger Zeit war etwas
Anderes als heutzutage. Sobald er von
Seite des Präsidenten erfolgte, und er
bestand zunächst im Gebot desselben, die
Thür des Berathuna.ssaales zu schließen,
so constituirte sich das Haus sofort zu
einem Tribunal: es trat ein öffentlicher
Ankläger hervor und durfte kein Mit»
glied den Saal verlassen, bis nicht das
Urtheil gefällt und die Strafe — ge»
wohnlich eine Geldbuße — an dem ord>
nungswidrigen Mitgliede vollzogen war.
Als diesmal der Ordnungsruf wider
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon