Page - 156 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Weninger-Wied, Volume 55
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Nicolüus (Sohn) Wellel.önyi^ Nicolaus (Sohn)
vorlag, gegen einen seiner Freunde dar-
über ausgesprochen. „Zum Anführer",
sagte Sz <: chönyi, „zum leitenden Red-
ner ist jetzt beim Magyaren, als einem
orientalischem Stamme, der sich vor-
züglich an Aeußerlichkeiten kehrt, nur ein
Mann geeignet, der eine breite gedrun-
gene Gestalt hat, stark wie ein Stier ist,
von dessen donnernder Stimme die
Fenster klirren; der schwülstig genug
reden kann und überhaupt ein solches
Aeußere besitzt, daß, wer von entfernten
Gegenden kommt und in seine Augen
blickt, unwillkürlich gezwungen ist, aus-
zurufen: Das ist der mächtige, der würde-
volle, der königliche Ungar. Ich besitze
diese Eigenschaften nicht, und lange dachte
ich darüber nach, wer unter unseren Um-
ständen geeignet sei, mit der Leit-
glocke voranzugehen. Endlich fand ich
Wesselönyi. Es ist klar, daß er diese
Eigenschaften in hohem Maße besitzt, und
ich hoffte, daß wir uns verstehen würden.
Ich täuschte mich! Und doch, was konn-
ten wir Alles thun, wenn wir uns gegen-
seitig verstanden! Aber Wesselönyi
folgte seiner Eitelkeit, er wurde durch
Applaus berauscht, er ist in die anstür-
mende Politik verliebt, er schwimmt
immer gegen den Strom. Er schürt nur
immer den Dampfkessel, ohne daß er das
Ventil anbringen wollte, er suchte mehr
zu glänzen als zu nützen." Auf dem
Landtage 1830 beginnt Wesselsnyi's
einflußreiche Stellung, welche in den
Jahren 4831 und 1833 fortdauert. Er
war damals der leitende Oppositions-
redner des Oberhauses; er sprach in An-
gelegenheit der Sprache, über Religions-
freiheit, verurtheilte die Reaction der
hohen Geistlichkeit und vertheidigte die
Gewissensfreiheit. Damals hatte eben
die polnische Erhebung stattgefunden, an-
läßlich welcher er verlangte, daß die öster- reichische Regierung aus den Wällen der
Neutralität heraustrete und der Beistand
der polnischen Revolution werde! Das
politische Ansehen Wessel^nyi's wuchs,
in jenen Tagen in solchem Grade, daß
er, obgleich ein Mitglied des Oberhauses,
der Führer der in beiden Häusern befind-
lichen Oppositionselemente wurde, indem
er von freundschaftlichen Conferenzen
aus, an denen die angeseheneren Depu»
tirten theilnahmen, auch das Deputirten-
corps leitete. Im Oberhause jedoch über«
flügelte er durch die Macht seiner Rede
die übrigen Rivalen derart, daß er da»
selbst die Opposition nahezu dictatorisch
beherrschte. Nun aber nahmen die politi-
schen Verhältnisse in seinem Vaterlande
Siebenbürgen seine Thätigkeit in An-
spruch. Seit der Thronbesteigung Leo-
polds I. waren dort dann und wann
Landtage einberufen worden, auf denen
Wessel6nyi's Vater, wie wir in dessen
Lebensskizze berichteten, seine agitato»
rische Thätigkeit entfaltete. Der letzte
'Siebenbürger-Landtag war 18ll ver»
sammelt gewesen, nach einer Pause von
21 Jahren wurde nun wieder ein Land-
tag nach Klausenburg einberufen und
die während derselben angesammelten
Wünsche, Forderungen und Gravamina
boten einem Manne von Wesselc'nyi's
Schlage mehr als hinreichend Stoff, seine
auf dem Preßburger Landtage gespielte
Oppositionsrolle in nur schärferer Ton-
art in Klausenburg fortzuspielen. Und
das that er auch redlich. Er ward im
Udvarhelyer Stuhl von den SMlern,
denen er aufs neue das erloschene Recht
viritini zu stimmen erwirkt hatte, und
die 8000 Mann stark zur Wahl sich ein-
fanden, zum erblichen Abgeordneten ge-
wählt und deshalb mit einem Stücke
Grund, wozu jeder Szökler einige Gro»
schen beitrug, beschenkt, da im Szökler-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon