Page - 157 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Weninger-Wied, Volume 55
Image of the Page - 157 -
Text of the Page - 157 -
Messelrnyi, Nicolaus (Eoln^ Messel<'nyi, Nicolaus (^
lande nur ein Grundbesitzer Ablegat sein
konnte. I n Erwiderung auf diese Aus-
zeichnung stiftete Wesse l 6 n y i eine
Schule in Uduarhely. Gleich bei Eröff-
nung des Landtages geigte sich die Un-
geberdigkeit Wessel6nyi's, der, als er
die Thür des ständischen Sitzungssaales
geschlossen fand, mit seiner Faust an die-
selbe zu pochen begann und mit jedem
Schlage an die Menge sich wandte und
entweder einen Witz gegen die Regierung
machte, oder ein Gesetz gegen die falschen
Rathgeber und die Verantwortlichkeit
derselben vorlas! Man sieht, der Sohn
war eine zweite, aber nicdt bessere, nur
schlimmere Auflage des Vaters. Infolge
dieses Vorganges benachrichtigte der
Landeskanzler, daß der Landtagssaal für
die Nationalversammlung infolge höhe>
rer Verordnung für diesen Tag nicht
geöffnet werde. Dadurch wurde die
Stimmung nur noch gereizter. Als dann
der Landtag begann, auf welchem W e s»
sel<Znyi ob der Unfähigkeit der Regie»
rungspartei immer Oberwasser hatte,
wurde sie auch nicht besser. Dazu kam
noch, daß, als die Ständr beschlossen,
die Debatten unter dem Titel „Xapio".
d. i. Tagebuch, abdrucken zu lassen, die
Regierung es verbot. Als nun der Land-
tag gegen eine solche Willkür protestirte,
begann Wesselsnyi den „^g.pI6" als
Privatunternehmen in seiner eigenen
Lithographie herauszugeben, mit der Be-
hauptung, daß rechtmäßig keine Censur
bestehe, und wenn auch über Druckereien
Verordnungen erlassen wären, gegen
Lithographien kein Verbot vorgezeigt
werden könne. Man sieht, er hatte auf
seinen Reisen in England wenigstens
eines, die wörtliche Auslegung des Ge-
setzes, gelernt. Kaum aber waren etliche
Bogen des lithographirten „Xaplä" aus«
gegeben, als sich Beamte in seine Werk» statte verfügten und die lithographische
Presse consii!citten. Und sonderbares
Spiel des Schicksals: Nicola u s W es.
sel^nyi. der Sohn jenes Wessel6-
nyi , welcher in der Person eines an-
spruchslosen Kanzlisten die angegriffene
Oeffentlicbkeit heldenmüthig vertheidigt
hatte, mußte nun von dem einstigen,
mittlerweile Präsident gewordenen Kanz<
listen, der 17!>4 wegen Führung eines
Tagebucbes beinahe aus dem Parla-
mentssaale gewiesen wurde, wegen Ver»
letzung des Oeffentlichkeitsrechtes die
Einberufung einer Landtagösitzung foc«
dern. Die Verbaltnisse gestalteten sich
immer drohender, die Regierung glaubte
militärische Hilfe heranziehen zu müssen;
dann erschien ein Negierungsrescrivt, in
welchem der Geist des Landtags strenge
gerügt, die Constitution susvendirt, alle
Civil- und Militärgewalt in die Hände
des Erzherzogs gelegt, der Landtag auf-
gelöst und die Mitglieder der Gesetz«
gebung ernstlich verwarnt wurden, die
Oldnung irgendwie zu stören. Gegen
Wesselönyi direct leitete man in kurzer
Zeit zwei Processe ein, wegen Miß»
brauches der Oeffentlichkeit und der
Redefreiheit. Vor dem königlick sieben»
bürgischen Gerichtshofe wurde er der
Lithographie wegen vorgeladen, an dem
königlich ungarischen Gerichtshofe aber
gegen ihn als Aufwiegler einer in der.
Szathmärer Congregation über erbliche
Ablösung gehaltenen Rede wegen ein
Hochverrathsvroceß angestrengt. Der
Ausgang dieser Processe war, daß ihn
die ungarische Curie zum Kerker ver«
urtheilte. Aber noch vor seiner Abfüh-
rung in die Ofener Festung bracb 4838
die furchtbare Pesther Ueberschwemmung
aus, bei welcher der herkulische Messe-
lönyi wahre Wunder der Kraft ver-
lichtete, indem er zahllose Menschenleben
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon