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Metzel, Johann Karl I. 184 Wetzet, Johann Karl I.
Wötzel, Wözel, Wezl zu thun. Beide
Namensträger stehen zu Oesterreich in
einigen nur vorübergehenden Beziehun-
gen. Der wichtigere und auch interes»
sanwe ist Johann Aarl I. Wetzet lgeb.
in Sondershailsen am 31. October
1747, gest. daselbst am 28. Jänner
1819). Nachdem er in Leipzig, wo er mit
(Kellert in einem Hause wohnte, die! die milde Nrttq, mei
Rechte beendet hatte, wirkte er einige i (i779) und „Hermann nuttNlrike", 4 Bände
Zeit als Erzieher in adeligen Familien,! (1780) fanden zu seiner Zeit dankbare
machte mit einem seiner Zöglinge größere und zahlreiche Leser und auch Gnade
tung hat er nicht gewöhnliches Talent ge»
zeigt. Die Romane: „NbenZgrZchichte Tn-
Inas Unant'5 de°> Weizen^ 3llN2t der Stammler
genannt", 4 Bände (1773 u. f.), für dessen
Verfasser sogar von Einigen Wieland
gehalten wurde, dann: „Nelplirgor oder die
VührLchünlichZtr Geschichte unter der Zaune",
2 Theile (1776); — „Peter Markz und
Reisen und lebte dann abwechselnd in
Leipzig und Wien als Privatgelehrter. vor der Kritik. Noch sei bemerkt, daß
Wetzel mit dem philosophischen Schrift-
I n letzterer Stadt als Theaterdichter be> steller Or. Ernst Platner in eine Po-
schäftigt, soll er sich der Gunst des Kai- > lemik gerieth. Die Wirksamkeit unseres
sers Joseph erfreut haben,. I n der! Schriftstellers in Wien, wo er, wie oben
That hat Wetzel als dramatischer Dichter! gesagt, Jahre lang als Privatgelehrter
zu seiner Zeit nicht Unerhebliches geleistet, und damr als Theaterdichter lebte, sowie
Schon 1772 veröffentlichte er das dra
matische Gedicht „Filibert und
das aber unbeachtet blieb, nicht so das
fünfactige Trauerspiel „Ner Orat nnn Nik-
hnm". welches 1774 im Druck erschien.
Der Dichter, der damals 27 Jahre zahlte,
zeigt in diesem Stücke, daß er Shake-
speare fleißig studirt und daß Goethe's
„Götz von Berlichingen" nachhaltigen
Einfluß auf.ihn geübt habe. Doch wen-
dete er sich — da das große Publicum
der ernsten Muse immer weniger hold,
oder weil er in sich die komische Ader
stärker pulsiren fühlte — dem Lustspiele
zu und hat uns in vier (bei Dyck in
Leipzig 1778—1787 erschienenen) Bän»
den fünfzehn Stücke hinterlassen, von
denen das eine und das andere bei ge»
schickter Anpassung auf die heutige
Bühnenart noch immer günstige Auf-
nähme finden könnte. Sein komisches
Nachspiel „Wildheit und Hrll55mnth" (1784)
ist sogar ins Französiscde überseht und
in Paris mit Beifall aufgeführt worden. der Umstand, daß ihm Kaiser Joseph
seine Huld zuwandte, hätten denn doch
schon einen Forscher in der Wiener
Cultur- und Literaturgeschichte bestimmen
sollen, den Dingen genauer nachzugehen
und uns Näheres über Wetzel, dessen
tragikomisches Ende auch psychologisches
Interesse darbietet, zu berichten. Wetzel
verfiel nämlich aus hochmüthiger Selbst-
überschätzung, in der er selbst seine Mutter
verleugnete, bald nach seiner Rückkehr
nach Leipzig in eine Gemüthskrankheit,
welche um 1786 in gänzliche Geisteszer»
rüttung überging. In diesem traurigen
Zustande floh er die menschliche Gesell-
schcift, ließ sich Nägel und Bart wachsen,
hielt sich für einen Gott, und gab den
von ihm verfaßten Schriften den Titel:
„0p6ra äoi ^V62eM". So lebte der
Unglückliche noch volle 33 Jahre in seiner
Vaterstadt Sondershausen und während
seiner Krankheit, in der er bis zu seinem
im Alter von 72 Jahren erfolgton Tode
von seinen Angehörigen und wohlthäti»
Auch auf dem Gebiete der Romandich- gen Menschen unterstützt wurde, schrieb
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon