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Mickenburg, Matthias Const. 230 Wickenburg^Matthias Const.
sich, von den Fäusten und Stricken der
Umsturzpartei bedroht, jenen Act abtrotzen
zu lassen, wodurch er in amtlicher Weise
und mit Aussendung von ihm unter-
fertigter Certisicate den Landsturm für
Wien aufbot. Allerdings nahm er, so-
bald er etwas Luft bekommen, seinen
Befehl schnell wieder zurück, allein was
geschehen, war nicht ungeschehen zu
machen. jMan vergleiche die in dem in
den Quellen citirten „Oesterreichischen
Courier" gegebene Darstellung der da-
maligen Verhältnisses Die Thatsache
stand fest: daß ein kaiserlicher Statt-
Halter dem Aufstande gegen kaiserliches
Gebot und Heer sein Ansehen geliehen
hatte. Graf Wickenburg wurde nach
Olmütz vorgeladen, wohin er, sowie in
das Hauptquartier des Fürsten Win-
dischgratz, schon früher ausführliche
Denkschriften zur Entschuldigung seines l
Benehmens gesandt hatte. Der Feld-
marschall neigte zur Milde, schrieb an
das Ministerium in begütigendem Sinne'
in der Hauptstadt und im Lande Steier-
mark wurden unzweideutige Sympathien
für den allgemein beliebten Gouverneur
laut, doch das Ministerium kannte keine
Schonung. Es war eine unglückliche
Verwickelung, worein Wickenburg ge
rathen; allein im öffentlichen Leben gibt
es Lagen, wo Unglück gleich Schuld ist.
Das Ministerium war der Sache der
Ordnung und Gesetzlichkeit eine äugen-
fällige Genugthuung schuldig: Wicken-
bürg trat von seinem Posten ab."
Noch kurz vorher hatte er seine Loyalität
und seinen Patriotismus glänzend be-
thätig,., indem er ein steiermärkisches
Freiwilligen-Bataillon ausrüstete und auf
den italienischen Kriegsschauplatz ent-
sandle, wo es an den Siegen der Armee
Radetzky's (unter dem Commando des
Grafen Gottfried Auersperg) hervor- i ragenden Antheil nahm. Die Revolution
war bekämpft, der Graf auf Reisen ge-
gangen, dann zurückgekehrt und hatte
nach einiger Zeit die Wahl zum Prasi-
denten des Verwaltungsrathes der Kai-
serin Elisabeth-Westbahn angenommen.
Seine auf diesem Posten gemachten Er«
fahrungen scheinen entscheidend gewesen
zu sein, als er am 4. Februar 4861 als
Minister für Handel und Volkswirth'
schaft in das Ministerium Schmerling
berufen wurde, in welchem er bis zu
seiner auf sein Ansuchen erfolgten Ab-
berufung vom 20. October 1863 ver«
blieb. Mit der gleichzeitigen Versetzung
in den bleibenden Ruhestand ward er
auch am nämlichen Tage zum lebens-
länglichen Mitgliede des Herrenhauses
des Reichsrathes ernannt. Seine in der
Zwischenzeit, am 26. Jänner 1862, über-
nommene Leitung der Marine fahrte er
bis zu der am 3l). August erfolgten Er-
nennung des Freiherrn von Burger
zum Marineminister. I n die Zeit seiner.
Amtswirksamkeit als Handelsminister
fällt die Neu - Organiftrung des am
21. August 1839 aufgelösten Handels-
Ministeriums, die Creirung der Wiener
Stadterweiterungscommission, zu deren
Präsidenten er als Handelsminister er»
nannt wurde, und welchen Ehrenposten
er bis an seinen Tod behielt, und das
Project, in Wien eine Weltausstellung zu
veranstalten. Mit allem Gifer nahm er
sich der Sache an, mit der er stehen oder
fallen wollte. Er fiel, und woran das
Project eigentlich scheiterte konnte nie
mit Bestimmtheit angegeben werden.
Sicher aber ist es: wenn sie damals
stattgefunden hätte, so würde nicht das
klägliche Nachspiel des berüchtigten Krachs
das Andenken an dieses Ereign iß für
Jahrzehnte hinaus getrübt haben. Nach
seinem Austritte aus dem Handelsmini»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon