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y) Wilhelmme 234 Wickenburg-Almasy) Wilhelinine
welchem sie uns das Verhältniß der nach"
mals heilig gesprochenen Gemalin des
Frankenkönigs Chlotar zu dem römi-
schen DichterVenantius Fortunatus
zeichnet, das mit völliger Entsagung der
Heldin und ihrem Gang ins Kloster
endet, erwies sich in Form und Inhalt
als zu zart für das grelle Lampen«
licht unserer heutigen Bühne. „Ein Hei-
ligenbild auf Goldgrund" nannte es
treffend Dingelftedt. Das Stücklein
blieb also „Buchdrama", fand aber volle
Würdigung seines tief poetischen In-
Haltes, als es Lewinsky gleichfalls
öffentlich vortrug. I n einer neuen Aus-
gäbe ihrer Gedichte, welche nnn erschien,
bemerkt man eine streng gesichtete Aus»
wähl der in den früheren Sammlungen
enthaltenen, dann eine bedeutende An-
zahl neuer Stücke, nebst metrischen
Uebersehungen aus dem Englischen und
Französischen und einer Serie unga»
lischer Volkslieder. Im selben Jahre ge«
langten zwei dramatische Schöpfungen
der Dichterin auf die Bühne: Das Schau-
spiel „Das Document", welches die
Geschichte der byzantinischen Kaiserin
Eudoxia und des Diogenes Noma-
itus behandelt, wurde von Director
Heinrich 3aube auch zur Aufführung
im Wiener Stadttheater angenommen,
konnte aber wegen der mittlerweile über.
dieses hereingebrochenen Katastrophe dort
nicht zur Darstellung gelangen; es ging
jedoch am 47. Februar 1882 am Frank»
furter Stadttheater und am 10. März
1882 im königlichen Schauspielhause zu
Berlin in Scene und fand auf beiden
Bühnen Wiederholungen, und sowohl die
Frankfurter als die Berliner Kritik er<
kannte die dramatische Begabung der
Verfasserin an. Einen nachhaltigeren
Erfolg dagegen erzielte unsere Dich.
terin mit dem kleinen Einacter in Versen: „Ein Abenteuer des Dauphin",
welcher am 7. October 1882 im k. k.
Hofburgtheater gegeben, sehr beifällig
aufgenommen und noch öfter wiederholt
ward. Seit dieser Zeit hat Gräfin
Wickenburg kein Buch veröffentlicht.
In Südtirol (Gries bei Bozen) sucht sie
Heilung von körperlichen Leiden, die sie
in den letzten Jahren an geistigem
Schaffen vielfach gehindert haben. Einige
durch ihren Aufenthalt in Tirol ange»
regte poetische Arbeiten — Sagen und
Legenden — sind in verschiedenen Zeit»
schriften erschienen, theilweise auch von
Lewinsky in Wien und anderwärts
öffentlich vorgetragen worden. In jüng>
ster Zeit erst (Mai 1886) brachte die
Leipziger „Illustrirte Zeitung" der Grasin
Wilhelmine Wickenburg Lebens-
skizze und an deren Schlüsse der Dich»
terin „Mahnruf an die Deutschen in
Oesterreich". Dies Gedicht, in welchem
die geborene Magyarin ihre kern»
deutsche Gesinnung in flammenden
Worten bekundet, erregte allenthalben
Aufsehen, und mehrere Componisten, dar<
unter der Dirigent der Dresdener Lieder»
tafel Reinhold Becker, haben den flam»
wenden Worten der Dichterin glühende
Töne geliehen. Auch auf musicalischem
Gebiete hat sich die Gräsin bemerkens»
werth hervorgethan. Allem Dilettantin
mus abhold, machte
sie
bei der berühmten
Gesangslehrerin Marchesi die ernstesten
Studien und eignete sich eine nicht un-
bedeutende Gesangstechnik an. Sie ließ
sich vielfach in Wiener Kirchen und Con>
certsälen vernehmen, und die Musikrefe«
renten der Wiener Blätter — an deren
Spitze Speidel und Hanslik — spen>
deten der Gesangskunst der Gräfin die
freundlichste Anerkennung. Wir lassen
nun in chronologischer Reihe die- Titel
ihrer im Druck erschienenen Dichtungen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon