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Wiech«V«ky, Alezander 285 Wiechovsky, Älez-ander
4870 als Nachfolger gewählt, dieser
aber nahm die Wahl mit der Erklärung
an: die Stelle nur bis zur Rückkehr
Dr. Schlesinger's, der damals in
Leitmeritz war, behalten zu wollen. Die
Wiederwahl im Juli 1877 lehnte er aber
entschieden ab. So gingen die Dinge
ihren besten Gang, die Lehranstalt blühte,
die Pension wurde stark besucht, der
pädagogische Verein und der Kinder-
garten entwickelten sich und gediehen
immer kräftiger, als mit einem Male
das Unglück Wiechovsky's Familie
schwer heimsuchte. Innerhalb eines hal-
ben Jahres, 1870—<87t, verlor er vier
gesunde Kinder, zwei Knaben, zwei
Mädchen, dann seinen Schwiegervater
und zuletzt den Erzieher der Zöglinge.
Sechs Zeichen ihm nahe stehender Wesen
innerhalb sechs Monate! Der Schlag
traf den Mann so gewaltig, daß er sofort
den Gedanken faßte, seine Anstalt auf-
zulösen, die Freiheit seiner Stellung, die
ihm bisher über Alles galt, zu opfern und
sich um eine Staatsanstellung zu bewer-
ben. Mit offener und wahrheitsgetreuer
Darlegung der Verhältnisse und der Be»
stimmungsgründe bot er dann dem Unter-
richtsniinister seine Dienste an und erhielt
im Mai 1872 den Posten des Directors
der k. k. deutschen Lehrerbildungsanstalt
in Prag. Am 14. Juni 1873 wurde er
vom Landesausschusse als Vertreter des
Landes in den Landesschulrath erwählt,
1875 zum Director-Stellvertreter der
k. k. Prüfungscommission für Volks- und
Bürgerschulen ernannt. Aber schon 1877
begann er zu kränkeln, so daß er Ende
dieses Jahres die Redaction der „Blätter
für Erziehung und Unterricht" nieder-
legte, die nun. statt wie bisher als
Wochenschrift, in zwanglosen Heften
erschienen, deren erstes er trotz seines
leidenden Zustandes noch redigirte. Mit den nächstfolgenden Jahren wuchs sein
Martyrium, wozu sicd dann als ganz
besondere Tücke des Schicksals der Um-
stand gesellte, daß, seitdem W ieck ovsky
die Redaction der Blätter für Erziehung
niedergelegt, die Feinde, welche jedes
ehrliche und erfolgreiche Streben im Ge-
folge hat, aus allen Ecken und Schlupf-
winkeln hervorkrochen, und da er kein
Blatt mehr hatte, in dem er diesen
Kröten und Molchen auf den Kopf treten
konnte, er Angriffe über sich ergehen
lassen mußte, die ihn, den ohnehin 3ei>
denden und somit doppelt Empsindlicben,
doppelt kränkten, so daß, da schon
der Körper litt, auch die Seele mit-
ergriffen wurde. Endlich nahm sein Leiden
so überHand, daß die häusliche Pflege
nicht mehr genügte und er, so sehr die
Gattin sich dagegen sträubte, ins Prager
Handelsspital o.ebraä>t werden mußte,
wo er nach einigen Wochen schweren Lei-
dens am 1. Februar l883 seinen Geist
aufgab. Er war erst 32 Jahre alt ge»
worden, obwohl ihm seine kraftige
Leibesconstitution eine weit längere
Lebensdauer in Aussicht stellte. I n
einem ihm gewidmeten pietätvollen Nach-
rufe heißt es' „Er ist als armer Mann
gestorben, aber er hinterließ seinen fünf
im zartesten Alter stehenden Kindern
einen Namen fleckenloser Reinheit, das
hell leuchtende und ungetrübte Bild
edler idealer Männlichkeit."
Grundlinien der Zdee der von Wiechovsky gc-
planten unter dem Namen „Heimat" ^u er-
richtenden großen Sumanitütsanstalt. Wie-
chouski) besprach sich bezüglich dieser Idee
mit hervorragenden Persönlichkeiten, oomedm^
lich mit dem damals noch in Gratz alo Pro-
fessor weilenden, später uns leider durck seine
Berufung nack München entrissenen Pro-
fessor Brinz ^Band XI, S. 2?2 und Band
XXII I , S. 366^ und I>r. Löschn er
l.Bd. XV, S. 40^. Vesonders der Letztere,
welcher in Beziehung auf humane Lebens«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weninger-Wied, Volume 55
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Weninger-Wied
- Volume
- 55
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon