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Wiesinger, Albert 73 Mitsinger, Albert
die Rel igion der Juden gerichtet zu
haben. Als er in der Nummer vom
28. August 1861 den Kampf gegen
Ignaz Kuranda begann, der eben in
Sachen des Concordates als dessen er»
bittertster Gegner auftrat, mehrten sich
die Angriffe der Wiener Presse gegen
Wiesinger, und nur noch heftiger, als
er in der Nummer seines Blattes vom
23. September 486t einen geharnischten
Artikel gegen die Civilehe und das Ab-
geordnetenhaus geschrieben. Als dann in
der Wiener Presse die Hetze gegen die
geistlichen Krankenwärterinen im Wiede-
ner Spitale und danach gegen die Schul»
brüder im Waisenhause losging, trat er
für beide ein. Erstere sielen der Hetze
zum Opfer, für Letztere aber stand er mit
seiner Feder siegreich ein. Er schrieb die
Brochure „Hinaus mit den Schulbrü-
dern" ohne Angabe seines Namens. Eine
Fluth von Ausfällen ergoß sich über den
ungenannten Verfasser, so daß dieser
endlich in der Nummer der „Kirchen-
Zeitung vom 4. December 1361 seine
MaSke fallen ließ und offen seine Autor-
schaft bekannte mit der Aufforderung,
das in seiner Brochure Gesagte zu wider-
legen. Nun versuchte dies wohl der
Gemeinderath Del la-Torre Mand
XI.VI, S. 157) in einer Schrift, als
aber Wiesinger darauf mit der Gegen-
brochure „Hinaus aus dem Gemeinde-
rathe, aber nicht: Hinaus mit den Schul-
brüdern! Eine Widerlegung der Bro
chure des Gemeinderathes. Adalbert
Del la - Torre: Der Wahrheit ihr
Recht" (Wien 1862) erwiderte, war der
Kampf aus, und die Schulbrüder blieben
im Waisenhause. 1864 machten zwei
Preßprocesse großes Aufsehen. Im Jahr«
buch der Israeliten war ein Angriff gegen
die Person Christi enthalten, und von
anderer Seite gegen die geistlichen Hüte- rinen der Strafanstalt in Neudorf ein
Angriff erfolgt. I>. Wie sing er erklart
in seinem erwähnten „Ueberblick der
23 Jahre", daß er es gewesen, der den
Urhebern der Angriffe den Proceß an den
Hals gehetzt. War er nun in den er-
wähnten Fallen der Angreifende, so sollte
die Vergeltung nicht ausbleiben. In
der „Wiener Kirchen < Zeitung" vom
13. August 1864 stand der Ausspruch:
„Die Reformation des 16. Jahrhunderts
war eine Revolution". Wegen dieses
Ausspruches, der als eine Beleidigung
des Protestantismus angesehen wurde,
erhob der Staatsanwalt Klage. Nun
wies aber Wie singer nach, daß diesen
Ausspruch schon in den Tagen der streng-
sten Censur Hormayr in seiner „Ge-
schichte Wiens" gethan, und wenn der-
selbe damals zulässig gewesen, müßte er
doch in den Tagen der Preßfteiheit nicht
minder erlaubt sein. In einer späteren
Nummer der „Kirchen-Zeitung" vom
10. September 1864 wies er auf eine
Stelle im Talmud hin, worin man
wieder eine Beleidigung des Juden»
thums erkennen wollte. Da citirte er, in
der Kenntniß der orientalischen Sprachen
wohl bewandert, in der Nummer der
„Kirchen-Zeitung" vom 13. October
1864 wörtlich die Stelle aus dem Tal-
mud. Nun bekämpften die Gegner die
Auslegung, welche er dieser Stelle gege-
ben. Der Kampf hatte begonnen: es
wurde das Gutachten der Universität
eingeholt, welche die Auslegung Wie-
singer's bestätigte, und dieses Gut-
achten der Universität ward dann einem
Rabbinercollegiuin vorgelegt, welches
wieder gegen den Ausspruch der ersteren
nichts einwenden konnte. So zog sich
die Angelegenheit von Monat zu Monat
resultatlos hin und verlief endlich im
Sande. Als daS 1864 erschienene „Leben
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wiedemann-Windisch, Volume 56
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wiedemann-Windisch
- Volume
- 56
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon