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Mild, Franz 124 ) Franz
lehren." Und wirklich erhielt er schon mit
fünf Jahren von seinem Taufpathen den
ersten musicalischen Unterricht. In seinem
siebenten Jahre (1800) wurde er als
Sängerknabe im Stifte Klosterneuburg
aufgenommen und kam unter die Leitung
des geistlichen Stiftschorherrn, des be>
rühmten Violinspielers und Chorregenten
Prosper von Mosel M . XIX, S. 136,
in den Quellens. Der Aufenthalt da»
selbst blieb immer seine schönste Erinne«
rung, er wurde so liebevoll behandelt,
und man war dem talentvollen Knaben
seiner schönen Stimme und seiner bedeu»
tenden Fortschritte wegen so gewogen,
daß man es an keiner Art Auszeichnung
fehlen ließ, und er besonders Sonntags,
wenn er eine Motette oder ein anderes
Solo gesungen, nach der Tafel von
jedem der geistlichen Herren eine Torte,
ein Stück Confect oder ein Geldstück zur
Belohnung erhielt. Noch nach vielen
Jahren sprach er nur mit Rührung von
jener Zeit, und da er dem Stifte seine
Dankbarkeit durch nichts Anderes be-
weisen konnte, so fuhr er stets, wenn er
in Wien war, und zwar noch in seinen
ältesten Tagen, in der Charwoche am
Gründonnerstage nach Klosterneuburg,
um daselbst in der Kirche eine Lamen«
tation zu singen. 1804 bewarb er sich
um eine Sängerknabenstelle in der Hof»
capelle und wurde, nachdem er die Probe
vor den damaligen Hofcapellmeistern
Sal ier i und Eybler aufs rühmlichste
bestanden hatte, ins Convict aufgenom»
men. Hier fand er die erste Gelegenheit,
sich in der höheren Singkunst auszu-
bilden, da fast jede Woche Concerte 5 Ia
Okinsra bei der Kaiserin Mar ia The-
resia waren und die ausgezeichnetsten
Meister Italiens und Deutschlands, wie
Crescentini, Prizzi, die beiden
Sessi, Vogel, Weinmüller, mit» wirkten. Er machte bedeutende Fort»
schritte und war als Knabe von dreizehn
Jahren bereits so beliebt, daß er in
Schönbrunn das 3a.Iv6 re^ins. von
Bräundl singen mußte und selbst einem
Napoleon Zeichen der Bewunderung
entlockte. 1808 trat er aus dem Con»
victe, beendete seine Studien bei den
Schotten und machte in dieser Epoche
die Belagerung von Wien mit, da er sich
in das Studentencorps aufnehmen ließ
und auf der Karnthnerthorbastei dem
dreitägigen Bombardement ausgesetzt
war. Da sein Plan, Chirurgie zu stu«
diren, an der Unzulänglichkeit der Hilfs-
mittel von Seite seiner durch die Kriegs«
ereignifse nun fast ganz verarmten Eltern
scheiterte, so nahm er, nachdem er durch
die rasch vor sich gegangene Mutation
seiner Stimme im Besitze eines schönen
Tenors war, Zuflucht zur Bühne und
ließ sich, um sein Leben erhalten zu kön«
nen, vorerst als Chorist im Iosephstädter
Theater, und da er hier unter Mayer's
Direction volle sechs Wochen keine Gage
erhielt, an der Leopoldftädter Bühne
unter Director Hensler engagiren. Die
erste Aufmerksamkeit erregte er vor der
Ankunft der Franzosen 1809 durch das
3ied «Hoch Oesterreich vor Allem", wel«
ches er auf dem Theater vor dem Publi»
cum singen mußte, indem der Tenorist
Bondra, durch eine plötzliche Heiserkeit
verhindert, ihn aus dem Chöre vorführte
und das Lied vortragen ließ, welches' un>
geheueres Aufsehen machte. Nach einem
Jahre trat er als Chorist zum Hofopern»
theater über und wurde nacb vier Mo«
naten von Hummel, damals Director
der fürstlich Eszterhäzi'schen Capelle
in Eisenstadt, als Solosänger an der-
selben engagirt. Dort hörte ihn Graf
Ferdinand Pä.lffy, Eigenthümer des
Theaters an der Wien, bei Gelegenheit
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wiedemann-Windisch, Volume 56
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wiedemann-Windisch
- Volume
- 56
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon