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Milhelmi 477 Wilhelm!
Prag war, traf Panwitz mit dem dama'
ligen Theaterdirector Lieb ich M . XV,
S. 99^ zusammen. Diesem gegenüber
entwickelte er in einem Gespräche über
Theater und Theaterstücke ebenso über-
raschende, als praktische Ansichten, so daß
3lebich meinte, wenn Panwitz so
trefflich spielen würde, als seine Ansichten
über Bühne und Darstellung seien, so
müßte er zu den besten Künstlern ge-
hören. Als sich nun gar der General in
die Unterhaltung Beider mischte und
erfuhr, um was es sich handle, fiel ihm
sofort ein Ausweg ein, den jungen
Flüchtling unterzubringen, und er redete
ihm zu, den Versuch auf der Bühne zu
wagen. Nach einigem Hin» und Herreden
nahm Panwitz den Antrag Liebich's,
auf dessen Bühne zu debutiren, an. So
betrat er mit der kleinen Umänderung
seines Taufnamens Wilhelm durch
Anhangung des i in Wilhelmi 18l3
das Prager Theater in der Rolle des
Gottl ieb Coke in Ziegler's Schau-
spiel „Parteiwuth". Der Erfolg war ein
überraschender. Wilhelmi spielte mit
solcher Wahrheit, daß auf der Galerie der
Ruf „das ist ein Schurke" mehrere Male
laut ertönte, und als Coke im Laufe
der Vorstellung die Worte: „ich bin der
gute alte Gottlieb Coke" wiederholte,
rief eine Stentorstimme: „Glauben
Sie's nicht, das ist ein alter Schurke'".
In dem Momente, wo Heinrich Lord
mit der Pistole auftritt und mit den
Worten „Stirb, Ungeheuer!" den Cyke
niederschießt, erdröhnte ein Sturm von
Applaus, und das Galeriepublicum
jubelte, daß das Laster von der gerechten
Strafe ereilt wurde. Ja, die Wirkung
von Wilhelmi's meisterhaftem Spiel
hatte noch ein Nachspiel. Der Künstler
begab sich nach der Vorstelllmg mit weh-
reren Freunden in ein Kaffeehaus. Unters
v. Würzbach, biozr. Lerikon. I^VI. ^Gedr. den Gasten desselben befand sich auch
jener Galeriebesucher, der in der Vor»
stellung gerufen hatte: ,das ist ein
Schurke". Als er an der Stimme den
Darsteller des Coke erkannte und die Ge>
wißheit hatte, daß derselbe es wirklich
sei, trat er mit heftigster Entrüstung auf
Wilhelmi zu und schrie: wie er es
wagen könne, noch unter ehrlichen Leuten
zu erscheinen. Wilhelmi, der wohl den
Sinn der Rede, aber nicht die Ursache
erkannte, erwiderte heftig auf diese Be>
leidigung, es kam zu erbittertem Wort>
wechsel, und schon machte der Beleidiger
Miene, an Wilhelmi sich thätlich zu
vergreifen, als das Kaffeehauspublicum
dazwischentrat und den Störefried mit
Gewalt aus dem Locale brachte. (5rst
nachdem dieser entfernt und die Ruhe
hergestellt war, wurde das Räthsel dieses
sonderbaren Auftrittes gelöst. Nun spielte
Wilhelmi stets chargirte Rollen, ent-
wickelte sich unter Liebich's verständiger
Leitung immer besser, durfte es sogar
versuchen, in einigen Rollen seines Mei'
sters aufzutreten, und so wurde er bald
der Liebling des Prager Publieums. Er
wirkte an der Seite Ludwig Löwe's,
mit dem er sich dort fürs ganze Leben
befreundet, mit Bayer und Polawscky
höchst verdienstlich. Er scheint nun bis
kurz vor Liebich's 1822 erfolgtem Tode
in Prag geblieben zu sein, denn in den
ersten Monaten dieses Jahres finden wir
ihn in Wien, wo er sofort Verbindungen
mit dem Burgtheater anknüpfte und am
12. April 1822 als Gottlieb Coke in
dem^chon genannten Stücke von Z isgler
seine erste Gastrolle gab. (Das Vor-
stehende ist jedoch nur eine Conjunctur,
denn nach Einigen wäre Lieb ich bereits
1816 gestorben.) Schon zwei Tage
spater, am 14. April, trat Wilhelmi in
der zweiten Gastrolle als Paolo Mon-
12. März 4833.) ^2
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wiedemann-Windisch, Volume 56
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wiedemann-Windisch
- Volume
- 56
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon