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Wimmer, Albrecht August 211 Wimmer, Albrecht August
Pfiichten seines geistlichen Amtes ver»
geffen, die er mit gleicher Gewiffenhaf«
tigkeit und segensreichen Erfolgen erfüllte.
Vornehmlich wirkte er mit großem Gifer
für die Verbreitung der Bibel und guter
evangelischer Andachtsbücher. Hundert«
taufende von Bibeln, biblischen Ge»
schichten, Kirchengeschichten und anderen
den Sinn der Landleute zu Edlerem er-
hebenden Büchern ließ er drucken, in
welchen Bestrebungen er von der 3on»
doner Bibelgesellschaft auf das wirk«
samfte unterstützt wurde. Diese segens-
volle Thätigkeit unterbrach das stur-
mische Jahr 1848. Da Wimm er mitten
unter Magyaren lebte und schaffte, war
es kein Wunder, daß der deutsche Pastor
auch ein Magyar geworden. Und er war
ein Vollblutmagyar. Es ist bekannt, daß
die ungarische Rebellenregierung im
Jahre 1848 wiederholt Anknüpfungs-
punkte mit Deutschland und dort eine
Anerkennung ihrer gesetzwidrigen Selbst'
Hilfe suchte. Ein erster Versuch, von
Seite der deutschen Centralgewalt eine
Anerkennung der Rebellenregierung Un»
garns zu erlangen, blieb nicht erfolglos,
und Herr von Szalay vertrat von
Juli bis 1. October sein Vaterland bei
derselben. Als aber Ritter von Schmer-
l ing an die Spitze der deutschen Ge-
schäfte trat, wurde dem Vertreter Un>
garns am 4. October ein Schreiben zuge»
schickt, worin das deutsche Ministerium
des Aeußern demselben mit Bedauern
anzeigte, daß der amtliche Verkehr der
Centralgewalt mit Ungarn als abge»
brochen betrachtet werden-müsse. So ver»
ließ Herr von Szalay am 3. October
Frankfurt. Nun wurde ein zweiter Ver-
such'gemacht, einen Anknüpfungspunkt
mit Deutschland zu suchen, und in diesem
spielte Pastor W i m m e r , wie Max
Schlesinger in seinem Buche „Aus Ungarn" erzählt, eine hervorragende
Rolle. Wimmer wurde nämlich von
Teleki nach Berlin geschickt, um daselbst
für Ungarn zu wirken. Er war schon vor
Jahren von der Erzherzogin Mar ia
Dorothea, der Gattin des Erzherzogs
und Palatins Joseph, welche wegen
ihrer religiösen Duldsamkeit und ihrer
echt fürstlichen Humanität als der Engel
Ungarns im Lande allgemein verehrt
wurde, und die des Pastors segensreiche
Wirkamkeit kannte und würdigte, dem
Könige Friedrich Wilhelm IV. von
Preußen warm empfohlen worden, und
zwischen dem Könige und dem Pastor
hatte sich im Laufe der Jahre, wäh»
rend Ersterer die idealen und von den
schönsten Erfolgen begleiteten Bestre»
bungen des Letzteren kennen gelernt, ein
warmes, ja man kann sagen ein freund»
schaftliches Verhältniß gebildet. Diesen
Fürsten für das in arger Klemme befind»
liche Ungarn zu interesfiren, erschien
Wimmer als die geeignete Person. Ein
nicht unwesentliches Bindemittel der
freundschaftlichen Gesinnung des Königs
gegen den Pastor war dessen Mitglied»
schaft der Bibelgesellschaft, in deren Be-
strebungen, wie wir oben erwähnt, der>
selbe großen Eifer entwickelte. Unter
diesen Umständen glaubte Wimmer
auch in weltlichen Dingen an den König
sich wenden zu können- und hoffte es
nicht ohne Erfolg zu thun. Als er nun
in Beilin erschien, sandte er an den
König ein Memoriale mit einem dasselbe
erläuternden Briefe. Aber weder Memo>
Male noch Brief gelangten in die Hände
des Königs, sondern der damalige
Ministerpräsident Graf Brandenburg
hatte von dem, Schreibett Wimmer's
Einsicht genommen und ihm das Memo-
riate uneröffnet zurückgeschickt mit dem
Bemerken, daß es gegen di« Grundsätze
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wiedemann-Windisch, Volume 56
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wiedemann-Windisch
- Volume
- 56
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon