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Winkler, Joseph 278 Winkler, Joseph
ihm möglichen Sammlung des Geistes
beten, seinen Namen auf einen Zettel
schreiben, und nachdem dieses Papierlein
in einem Tabernakel unter einer Art von
Monstranz mit besonderen Ceremonien
niedergelegt, er aber auf den folgenden
Tag war wiederbestellt worden, wurde er
durch seine vorigen Führer zurückgeleitet.
Des folgenden Tages ward er wieder
abgeholt, an eben den Versammlungsort
hingeführt und, da er im Gebete vor
dem Altare niederkniete, der Tabernakel
geöffnet, sein Name hervorgezogen und,
nachdem man den Zettel, auf welchem
derselbe stand, genau angesehen hatte,
ihm zu der vorzunehmenden Einweihung
Glück gewünscht. Kurz nachher ward er
nun mit besonderen Ceremonien, wie
denn alles bis Hieher Geschehene mit
solchen verknüpft gewesen, in diese Ge>
sellschaft aufgenommen und mit den
ersten Grundsätzen und Gebräuchen der-
selben bekannt gemacht, die er zeitlebens
niemals zu übertreten geloben mußte.
Nach geendigtem Ceremoniell sagte man
ihm, wo er auf seiner Heimreise Freunde
antreffen und daß der übrige, Unterricht
bei der Rückkehr in sein Vaterland auf
die gewöhnliche Weise ihm zukommen
werde, worauf seine Entlassung erfolgte.
Er traf überall Alles so an, wie man es
ihm angezeigt hatte. Auch in Wien kam
kurz nach seiner Ankunft zu ihm ein Mib
glied dieser Gesellschaft, welches ihm die
Nachricht gab, daß es von seineu Vor-
gesetzten den Befehl habe, ihm nach Vor-
schrift des Ordens in Allem an die Hand
zu gehen. Alsdann mußte Winkler
ihm ein Verzeichniß von seinen Büchern
und Schriften machen, mit der Bemev
kung, welche Wissenschaft ihm die ange>
nehmste sei, und in welcher er vorzüglich
Unterricht zu haben wünsche. Nachdem
er die höhere Chemie sich ettoren hatte, ward er gefragt, welche Bücher er vor»
züglich als gute und classische ansehe?
Er nannte unter anderen Basi l ius
Valent inus, einen Benedictinermönch
und berühmten Alchymisten zu Anfang
des fünfzehnten Jahrhunderts, dessen
sämmtliche Schriften zu öfteren Malen,
zuletzt in drei Banden von Ben. Nic.
Petraeus (Hamburg 1717 und 1740)
herausgegeben wurden. Nun trug man
ihm auf, denselben zu commentiren und
seine Arbeit stückweise seinem Führer zu
übergeben; er that es; nach einiger Zeit
ward das, waS er recht verstanden und
ausgelegt hatte, angezeigt, das, worin
er gefehlt, bemerkt und die Bücher und
der Ort angewiesen, wo er darüber Er>
klärungen finden würde. Auf diese Art
erhielt er nach und nach in dem ganzen
Geheimniß der Kunst den nöthigen Un»
terricht und ward dann zum Kunst»
verständigen erklärt und als solcher aner«
kannt. Bei diesem Fortschritte seiner
Kenntnisse wurden seine Pflichten immer
größer, sein Leben mußte noch strenger
eingerichtet werden, und bei einer jeden,
auch minderen Vernachlässigung kamen
die bittersten Verweise und Demüthigun-
gen, die, wie er selbst eingestand, seine
Tage nicht zu den angenehmsten machten,
und um die man ihn nicht beneiden
dürfe. Einst, da er sein Mißvergnügen
über die Art, ihn zu behandeln, vielleicht
mit etwas zu'vieler Lebhaftigkeit mochte
gesagt haben, blieb sein Freund plötzlich
aus, und nur erst nach einigen Jahren
ließ er sich einmal wieder sehen, nachdem
W i n k l e r in der Zwischenzeit seine
Uebereilung wohl. tausendmal bereut
hatte. Nun ward ihm wohl eine Wahl
vorgelegt, und er.entschied sich abermals,
was er nicht hätte thun sollen, dafür, in
Wien zu bleiben, und von dieser Zeit an
hatte aller weitere Schriftwechsel ein
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wiedemann-Windisch, Volume 56
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wiedemann-Windisch
- Volume
- 56
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 340
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon