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MiMsch-Gräh, Alfred Candid
gesammte in Ungarn aufgehäufte Kriegs»
Material befand, und der kaiserlichen
Armee waren alle Hilfsquellen dieses
Landes verschlossen. I n dem Verhältniß
mäßig kurzen Zeitraume von sechs Wo
chen mit dem Nothwendigsten versehen,
stand die Armee zum Beginne der Ope
ratiomn bereit. Unter seinem unmittel
baren Commando hatte der Feldmarschall
44.000 Mann. Am 13. December 1848
eröffnete er seine Offensive gegen Un-
garn. Die Kampfe seiner Armee gegen
die Insurgenten dauerten bis zum
24. April 1849, an welchem Tage der
Feldmarschall von seinen Truppen in
einem Armeebefehle mit den Worten:
„daß es ihm doppelt schwer falle, die
Armee in jenem Momente zu verlassen,
wo ihr nach so vielen Anstrengungen und
Beweisen von Hingebung für den Mon-
archen und die gerechte Sache bevor»
stand — durch die bedeutenden Verstär»
kungen in der nächsten Zeit — schone
Tage als Lohn für ihr früher schon Ge»
leistetes zu gewinnen". Es ist nicht unsere
Aufgabe uns kann es für unser Werk
nicht sein, die taktischen Vorgänge und
die
strategischen Maßnahmen des Fürsten
während der Zeit vom 13. December
1848 bis 24. April 1849 im Detail dar-
zustellen, für den Laien wären sie doch
unverständlich, für den Fachmann dzirften
sie die vorzüglichen Quellen, welche
darüber vorliegen und am Schlüsse
dieses Artikels angegeben werden, weder
ersetzen noch ergänzen, da, was wir mit»
theilen könnten, nur knappe AnsMe
wären. Wir gehen also darüber rasch
hinweg. Es wurde mit wechselndem
Glücke gekämpft. Doch >^er Vortheil
neigte sich bald auf Seite der Insur-
genten, die ja ws Eine und Wesentliche
für sich hatten, daß sie im Vaterlande
und mit Eingeborenen gegen eine fremde 4 Mindisch-Gräh, Alfred Candid
Armee kämpften, die nach Ansicht der
Insurgenten Eindringlinge waren. Zu-
dem zeigten sich die Insurgenten der
Natur der Sache nach, da ja durch die
HonvHds sozusagen das ganze Volk in
Waffen stand, unserer Armee weit über-
legen. Das unter den Auspicien des
Feldmarschalls im Jahre 1831 erschienene
Geschichtswerk: „Der Winter-Feldzug
1848 und 1849 in Ungarn" gibt eine
genaue Darstellung des Kampfes auf
Grundlage officieller Documente und
weist nach, daß der Feldmarschall in
allen Wechselfällen dieses merkwürdigen
Feldzuges nicht allein die Lage der Dinge
klar vor Augen hatte, sondern daß auch
seine Handlungen sowohl dieser Er»
kenntniß entsprachen als den Zweck
seiner Operationen, insolango er an der
Spitze i)er Armee blieb, glücklich erreich-
ten. Als es nach Schluß des Krieges
dem kaiserlichen Generalstabe möglich
geworden, Einsicht in die ungarischen
Feldacten zu nehmen, da zeigte es sich,
daß die Festung Komorn ohne den statt»
gefundenen Entsatz sich nicht mehr acht
Tage hätte halten können. Wäre es
somit dem Feldmarschall vergönnt ge«
wesen, seine Operationen zu Ende zu
führen, so würde wohl auch die kaiser-
liche Armee die Revolution al lein bc>
wältigt haben. Die vor Eröffnung des
ungarischen Winter«Feldzuges unter dem
frischen Eindrucke der Thaten des Feld«
marschalls und während defscn persön«
licher Anwesenheit immer wieder aus»
geglichenen Gegensatze zwischen ihm und
dem Ministerium hatten sich nack dem
Abmärsche der Armee in mehrfacher Be«
ziehung verschärft. Der Feldherr fand
mannigfach Ursache, über die unge-»
nügende und lässige Unterstützung zu
klagen, die ihm hinsichtlich der für seine
Unternehmungen unbedingt nöthigen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Windisch-Wolf, Volume 57
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Windisch-Wolf
- Volume
- 57
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon