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Mindisch-GrÀtz) Karl Vinceuz Mindisch-GrÀtz^ Karl Vinccnz
dem Meierhofe ging es muthig vorwÀrts;
dann trat eine Stockung ein. Oberst
Windisch-GrÀtz jedoch wankte nicht.
Es gelang ihm, unter Mitwirkung seiner
Officiere die Mannschaft wieder zu er»
muntern und die Kolonnen in Bewegung
zu bringen. Die Mannschaft folgte neuer-
dings dem muthvollen Beispiele ihres
kampfbegeisterten FĂŒhrers und drĂ€ngte
entgegenkommende Abtheilungen der
feindlichen Infanterie muthig zurĂŒck.
Und schon gelangte sie nahe an die
Hecken des Meierhofes, als abermals in
der linken Flanke eine Abtheilung fran-
zösischer Lanciers zur Attaque heran»
sprengte. Wieder wurden Klumpen for-
mirt, die Reiter auf das tapferste zurĂŒck»
geworfen, und dann ward der Sturm auf
den Meierhof fortgesetzt. Schon war eine
Abtheilung in den Hofraum eines der
GebÀude eingedrungen, als wieder die
auĂerhalb des Meierhofes aufgestellten
weit ĂŒberlegenen feindlichen UnterstĂŒtzun-
gen zu beiden Seiten vorbrachen und
ein mörderisches Feuer auf die unmittel'
bar vor den HÀusern zusammengedrÀng«
ten Massen eröffneten. Mehrere unserer
Ofsiciere fielen; dem Generalstabsmajor
Neuber wurde das Pferd unter dem
Leibe erschossen; der FahnenfĂŒhrer des
t. Bataillons und der nebenstehende
Officier sanken todt zur Erde; die beiden
Baraillonscomlnandanten waren frĂŒher
schon zum Sturme abgesessen, um mit in
den Meierhof eindringen zu können.
Oberst FĂŒrst Windisch-GrĂ€tz allein
saĂ noch zu Pferde, die Truppen immer
zum EinstĂŒrmen in die GebĂ€ude ermun»
ternd. Als er die ersten MĂ€nner in den
Hof eindringen sah, rief er freudig in
österreichischer Mundart: âDas ist ge»
scheit, jetzt sind wir drin" â aber schon
war er im rechten Arm verwundet;
darauf aufmerksam gemacht, rief er aus: âMacht nichts, nur vorwĂ€rts"; aber
bald darauf erfolgte von einer ganz nahe
herangerĂŒckten Abtheilung eine Decharge,
das Pferd des Obersten bĂ€umte sich â
und der heldenmĂŒthige Prinz siel, von
fĂŒnf Kugeln getroffen, zu Boden. Die
Truppen, ihres tapferen FĂŒhrers beraubt,
kehrten bald dem Feinde den RĂŒcken,
wurden aber nun durch Kavallerie'
schwÀrme, die sie bereits umgangen
hatten, in der Flanke und verkehrten
Front attaquirl. Vom Waffenstrecken
war aber doch keine Rede. Mit gefÀlltem
Bajannete brachen sich die zusammen»
geschmolzenen Bataillone einen Weg
durch die anstĂŒrmenden Reiter und ge<
wannen so die HauptstraĂe, auf der sie
jetzt unaufhaltsam gegen Guidizzolo
zurĂŒckwichen. Von beiden Bataillonen
waren nach diesem RĂŒckzĂŒge noch drei»
hundert Mann vorhanden; ein groĂer
Theil der Mannschaft bedeckte ver»
wuridet oder todt das Schlachtfeld. Eine
Fahne, wie die Leiche des Obersten,
blieben in den HĂ€nden des Feindes.
Dies ist der actenmaĂig erhobene Antheil
des Obersten Win 0 isch - GrÀtz und des
von ihm befehligten Regimentes Kheven»
hĂŒller an der Schlacht bei Solferino, und
zwar an dem Kampfe um Casanuona.
Die vier Bataillone des Regimentes ver»
loren 19 Ofsiciere und 626 Mann an"
Todten und Verwundeten. Der Fall des
Obersten und der Verlust einer Fahne
waren schwere Verluste, letztere war
wieder zu gewinnen oder doch zu ersetzen,
aber der Verlust eines so tapferen hoff-
nungsvollen FĂŒhrers im blĂŒhendsten
Alter von 38 Jahren war unersetzlich.
Der wirklich erfolgte Tod des Prinzen
lieĂ sich lange nicht constatiren. Der
Oberst ist nicht an der Stelle, wo er fiel,
gestorben. Die Franzosen jedoch plĂŒn»
derten den vermeinten Leichnam. Prinz
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Windisch-Wolf, Volume 57
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Windisch-Wolf
- Volume
- 57
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der UniversitÀts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon