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Minterhalter^ Joseph
er in seinen Werken, die sich nicht bloß
auf den Stein beschränkten, sondern auch
auf Metall und Holz ausdehnten, eine
große Vollendung, und sein Ruf als
Künstler wuchs mit jedem Tage. Aber
Alles, was er schuf, wollte ihm selbst
noch immer nicht genügen, und er war
unermüdet in Aneignung größerer Voll
endung. Um diese Zeit langte die heute
in der Belvederegalerie aufgestellte Ala
basterstatue des Prinzen Eugen in Wien
cm, welche von dem berühmten Dres»
'dener Bildhauer Balthasar Permoser
gearbeitet war. Dieses wirklich schöne
Werk erregte Winte rh alter's volle
und gerechte Bewunderung, und nun
ließ es dem jungen Bildhauer keine Ruhe
mehr, er reiste nach Dresden, um Per«
moser persönlich kennen zu lernen,
mehrere Werkzeuge desselben zu sehen
und zu ftudiren und
sich durch den Augen-
schein zu unterrichten, wie der Künstler
bei seinen Schöpfungen vorgehe. Ins»
besondere war es die Drapirung, die an
Permoser's Werken ihn entzückte und
zur Bewunderung reizte. Nach längerem
Aufenthalt in Dresden begab er sich
infolge verschiedener Aufträge einzelner
Wiener Kunstfreunde nach der Donau»
stadt zurück. Vor Allen beschäftigten ihn
Graf von Kuefstein und Graf von
Questenberg. Da er von Ersterem auf
dessen Herrschaft Namiest im Znaimer
Kreise Mährens zur Ausführung ver-
schiedener monumentaler Sculpturen ein«
geladen wurde, so schlug er seine Woh'
nung in Znaim auf, und Mahren ward
seine zweite Heimat, in welcher er seinen
bleibenden Aufenthalt nahm. Vornehm«
lich wendeten sich nun die Prälaten
einiger reicheren Stifte Mährens mit Auf»
trägen an unseren Künstler. Zuvörderst
nahm der Prälat des Stiftes Hradisch
nächstOlmütz, Rob. Sancius, die Thä> 3 Minterhalter, Joseph
tigkeit Winterhalter's in Anspruch; er
und auch seine Nachfolger ließen von
ihm Gruppen, Statuen und Basreliefs
für Stift und Kirche ausführen, und so
ist denn der größte Theil der Bildhauer-
arbeiten in diesem Stifte das Werk
unseres Künstlers, denn er arbeitete meist
allein; wohl waren ihm zwei Brüder
Anton und Michael aus seiner Heimat
nach Wien gefolgt, aber nur in Aus»
nahmsfällen bediente er sich ihrer Aus-
hilfe. Der Erstere ließ sich später in
Olmütz als Bildhauer nieder. Winter-
halter aber kehrte in der letzten Zeit
nach Wien zurück, wo er auch im Alter
von 67 Jahren unvermält starb. Die
Zahl seiner Werke, von denen der Mehr-
theil in Mähren sich befindet, ist betracht-
lich, da es aber an einem Verzeichniß der-
selben fehlt, können hier nur die bedeu-
tenderen angegeben werden. So nennen
wir denn: zu Namiest zwanzig Statuen
in der Pfarr« und Spitalkirche, am
Schloß« und Pfarrhofe, sämmtlich im
Auftrage des Grafen Kuefstein; im
ehemaligen Prämonstratenserftift Hra»
disch nächstOlmütz im Vorsaal des großen
Saales sechs große Statuen, dann auf
der Hauptstiege der Prälatur die Engel
und zehn große Vasen; auf dem Brün«
nen im Hofe der Prälatur die Figur
Samsons und vor dem Stifte die Statue
des h. Johann von Nepomuk; auf dem
Gesims des Stiftsgebäudes ein großes
zehn Schuh langes Wappen; darüber
eine schöne Vase mit herabhängenden
Festons von Stein, sechs Statuen von
Stein, jede acht Schuh hoch ohne Posta«
ment, folgende Tugenden: den Glauben,
die Hoffnung, die Liebe, die Sanftmuth,
die Stärke und die Mäßigkeit vorstellend;
die Kirchenaltäre in der Hradischer Stifts-
kirche und viele Altäre in den Kirchen
auf den Gütern des Stiftes Hradisch,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Windisch-Wolf, Volume 57
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Windisch-Wolf
- Volume
- 57
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon