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Wocel Wocel
Theil des Jahres auf seinen Gütern in
Ungarn zubrachte. Dort am Strande der
Theiß'entstand Wocel's Novelle „Der
letzte Orebit", die Scenerie zu derselben
lieh ihm die dortige Gegend,. Er sandte
diese Arbeit seinem Freunde Hock, wel-
cher sie in seinem Blatte „Der Jugend-
freund" veröffentlichte; später übertrug
er sie für die Zeitschrift „icvst)^ (Blü-
ten) ins Üechische, eine wörtliche Ueber-
setzung in ungarischer Sprache unter dem
Titel ,,^x utoisä Oi-edit^" erschien
1837 in der Pesther „Aurora", worauf
auch noch eine croatische Uebertragung
folgte. Nach fünfjährigem Aufenthalte
im Pallavicini'schen Hause nahm er
eine Erzieherstelle in der Familie des
Grafen Leopold Stern berg an, und
da er seine neuen Zöglinge für die Um°
versität vorzubereiten hatte, trieb er, um
dieser Aufgabe zu genügen, mit großem
Eifer neben Mathematik, Physik und
Geologie vornehmlich das Studium der
modernen Sprachen, und zwar neben der
französischen, englischen und italienischen
auch das der dänischen und holländischen
Sprache. Er vertiefte sich mit allem Gifer
m die Werke Biot 's, Beudant's,
Hauy's und Anderer und besuchte
fleißig die Vorlesungen des berühmten
Mineralogen Mohs. Diese Vertiefung
in naturwissenschaftliche Studien blieb
auch nicht ohne Einfluß auf sein dichte»
risches Schaffen, und so entstanden in
jener Zeit die Novellen: „Die Glei»
chung", „Der Krystallograph", „König
Azotes", in welchen er seine mathemati»
schen, mineralogischen und chemischen
Phantasien niederlegte. Ueberhaupt ar,bei>
tete er in diesen Jahren viel für deutsche
Unterhaltungsschriften, und der schon
erwähnte „Jugendfreund" des Dr. Hock,
S ch u m a ch
e r's „ Gesellschafter", das
„Oesterreichische Wunderhorn", die Brün» ner Moravia VKaltenbäck's „Archiv"
u. a. brachten novellistische und sonstige
Beiträge aus seiner Feder. Aus dem
Hause des Grafen Sternberg kam er
als Erzieher in die Familie des Altgrafen
Salm-Salm und 5839 zu den Grafen
Johann und Alfred Harrach. Indessen
war doch der nationale Gedanke in ihm
stets lebendig geblieben, und schon 1834,
nachdem er Martin Pelzel's ^ov.-'i.
kronika. öeslcä." gelesen, entstand in
ihm die Idee, die Begebenheiten der
alten böhmischen Geschichte in Gesängen
zu verherrlichen, welcher alsbald die
That folgte, da er in verhältnißmäßig
kurzer Zeit den Liedercyclus „Die Prze-
mysliden" (I^eln^Ziovo;) niederschrieb.
Seine Zandsleute wollen in dieser Dich-
tung Mängel der Sprache finden und
jenen Wohllaut vermissen, der Bedingung
einer jeden Dichtung ist, und erklären
dies mit seinem beständigen Aufenthalt
in Wien und anderen Gegenden, wie
am Rhein, in Weftphalen, wo ihm eben
die Gelegenheit fehlte, sich in den Geist
seiner Muttersprache zu vertiefen und sich
mit dem Fortschritt, den dieselbe, von
heimischen Geistern gepflegt, machte, im
Laufenden zu erhalten. Dessenungeachtet
fand der Liedecyclus, der zuerst 4838
erschien, eine wohlwollende Aufnahme,
denn der darin ausgesprochene nationale
Gedanke und der dichterische Schwung,
welcher das Ganze durchwehte, gefielen
allgemein. Nun aber kamen neue Ele-
mente hinzu, die ihre Wirkung auf den
nationalen Dichter nicht verfehlten.
Schriften, wie Zafarik's „Geschichte
der slavischen Literatur", Kollar's
„Ueber die Wechselseitigkeit der Slaven",
Palacky's „Geschichte der Böhmen",
welche die Aufmerksamkeit der Deutschen
in hohem Grade erregten, mußten einen
umso tieferen Nachhall bei den slavischen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Windisch-Wolf, Volume 57
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Windisch-Wolf
- Volume
- 57
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon