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Wohlleben 247 Wohlleben
gegangenen Vorgang des Feindes ganz
berechtigten Schrittes in aller nur denk-
baren Weise erschwerte. Eine hervor-
ragende Nolle spielte er in den Tagen
des Wiener Congresses 1814 und 18l3,
in welchen er Alles aufbot, um die Würde
der Residenz- gegenüber den zahlreichen
anwesenden Potentaten zur vollen Gel-
tung zu bringen und denselben die Kaiser»
stadt so viel als möglich angenehm zu
machen. Ein nicht geringes Verdienst
Wohlleben's besteht auch darin, daß er
den Kaiser Franz zu bedeutenden Ver>
schönerungen deu Stadt Wien veranlaßte,
wozu vor Allem die Auflassung derselben
als Festung gehört, nachdem ohnehin die
Franzosen die Mehrzahl der Feftungs«
walle hatten sprengen lassen. Auf alle
diese Lichtseiten im Wesen und Walten
unseres Bürgermeisters tritt freilich auch
einiger Schatten. So verstand er es
nicht, den Theil der Geschäfte, welcher
eine genaue Kenntniß der Gesetze erfor^
dert, mit jenem Geschick und jener Ge>
wandtheit zu behandeln, die in einem so
großen und umfangreichen Gemeinwesen,
wie es Wien darstellt, geradezu uner«
läßlich sind. Dadurch aber gab er der
Regierung Anlaß, sich in Verhandlungen
über die Gemeindeverwaltung einzu-
mengen, die unter anderen Umständen
durch diese selbst eine vollständige Grle>
digung gefunden hätten. Darin ging er
in späteren Jahren so weit, daß er dieser
Einmengung von Seite der Regierung
gar keinen Widerstand entgegensetzte,
wodurch diese wieder verlockt wurde, sich
in Alles und Jedes zu mischen, den Ma«
gistrat bei geringfügigen Vorfällen sozu»
sagen unter Vormundschaft zu stellen,
wodurch die Rechte und Interessen der
Gemeinde beeinträchtigt und verletzt wur.
den. So stammt aus Wohlleben's
Zeit die langjährige Verhandlung über das Eigenthümsrecht der Glacis- und
Basteigründe, eine Frage, deren Lösung
zu Ende der Sechziger-Iahre der Ge>
meinde den Verlust von Millionen Gul»
den verursachte. Trotz alledem bleiben
aber seine Verdienste um die Stadt Wien
in einer schweren und geschichtlich höchst
denkwürdigen Zeit unanfechtbar. Er
wurde auch von den Wienern, die auf
ihren Bürgermeister mit Recht stolz-
waren, hoch in Ehren gehalten, wozu
auch sein höchst liebenswürdiger Verkehr
mit den Bürgern nicht wenig, beitrug.
Dabei wußte er durch seine stattliche
äußere Erscheinung zu imponiren. Wenn
er hoch zu Roß durch die Vorstädte ritt,
um die öffentlichen Anstalten zu besich»
tigen, so hatten die Wiener Bürger an
ihrem Bürgermeister eine große Freude.
Auch fehlte es dem verdienstvollen Manne
nicht an äußeren Ehren: die Akademie
der bildenden Künste in Wien ernannte
ihn zu ihrem Ehrenmitglieds Seine
Majestät der Kaiser verlieh ihm die gol«
dene Ehrenmedaille, 1813 das silberne
Civilehrenkreuz und schon das Jahr
zuvor das Ritterkreuz des königlich un»
garischen St. Stephansordens, eine Aus»
zeichnung, die keinem
städtischen Beamten
vor und nach Wohlleben zutheil
wurde.
Neue Freie Presse (Wiener polit. Blatt)
i866. Nr. 6l7 im Feuilleton: „Eine Wiener
Episode aus dem Jahre 1806". — Die«
selbe. 1870. Nr. 2l37 im Feuilleton: „Auf»
Zeichnungen eines Wiener Bürgermeisters".
— Oesterreichische Nat ional < Ency.
klopädie von Gräffer und Czikann
(Wien. 8".) Bd. VI, S. 172. — Gräffer
(Franz). Francisceische Curiosa (Wien t849,
Klang. 8".) S. 434 im Artikel: „Die Heim«
kehr und ihre Feier t8l4". — Weiß (Karl).
Geschichte der öffentlichen Anstalten, Fonde
und Stiftungen für die Armenversorqung in
Wien (Wien 1867. gr. 8«.) S. 304. —
Bürg er feier am 30. Octoter 1804 bei der
Einsetzung... Stef. Edl. o, Wohlleben... m
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Windisch-Wolf, Volume 57
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Windisch-Wolf
- Volume
- 57
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon