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) Alfred 98 Moltmann^ Alfred
abdruck (Leipzig ^878, Seemann, 8
welcher eben die Fälschungen enthüllte,
brachte, hatte sich verspätet, seine Auf-
deckung der Fälschungen war auch nicht
Geheimniß geblieben, und so kam ihm
die öechische Museums-Zeitschrift mit der
Enthüllung zuvor. Doch entging er seinem
Schicksale nicht. I n einem am 23. No.
vember 1876 im deutschen Schriftsteller-
und Künstlerverein „Concordia" zu Prag
gehaltenen Vortrage hatte Woltmann
über die deutsche Kunst in Prag gespro-
chen, worin er nachwies, daß die Kunst
in Prag von Deutschen eingeführt, daß
Böhmen in kunstgeschichtlicher Beziehung
eine deutsche Provinz sei, und daß die
späteren fremden Einflüsse wenigstens
von Deutschland her übermittelt worden
seien. Dieser Vortrag erschien auch ge>
druckt (Leipzig 1878, 80.). Woltmann
hatte an vier im böhmischen Museum
und an einem in der Prager Dombiblio«
thek befindlichen Codex, welche sämmtlich
französischen und italienischen Ursprungs
sind, und dann noch an einem sechsten,
welcher allerdings in einem oechischen
Kloster geschrieben ist, die Fälschungen
nachgewiesen. Dieselben geschahen fol-
gendermaßen: es wurden in die Miniatur»
bilder der Codices zumeist auf die söge«
nannten Spruchbänder theils erfundene
Namen Lechischer Schreiber und Maler,
die gar niemals existirt hatten, theils
öechische Phrasen in alterthümlicher
Schrift gemalt. Als Falscher ward der
Erfinder der Königinhofer Handschrift
bezeichnet. Diese Nachweise fanden aber
im großen Publicum, welches dieselben
als eine Beleidigung der Nation ansah,
eine nichts weniger als freundliche Auf»
nähme. Eine tobende und lärmende
Menge störte zu wiederholten Malen
Woltmann's Vorlesungen und wählte
dieses Mittel, um den unliebsamen For» scher von seiner Lehrkanzel und so aus
Böhmen zu entfernen. Dieser aber ließ
sich nicht einschüchtern, die Univerfitäts-
behorde trug Sorge, daß weitere Stö-
rungen nicht vorkamen. Auch die von
anderer Seite ausgesprochene Drohung,
den deutschen Professor Wissenschaft»
lich abzuthun, was der einzig richtige
Weg war, kam aus leicht begreiflichen
Gründen nicht zur Ausführung. Aber
diese Vorfälle, wenn sie auch nicht den
Muth des jungen Gelehrten brachen,
verleideten ihm doch den Aufenthalt in
Prag, und als nach Springe r's Schei«
den von Straßburg dort der Iehrstuhl
der Kunstgeschichte (1878) erledigt war,
folgte er gerne dem an ihn ergangenen
Rufe. Wie früher schon von Karlsruhe
und von Prag aus, so hielt er nun auch
während seines nur sehr kurzen Aufent'
Haltes in Straßburg wiederholt in
Städten des Rheinlandes kunstgeschicht«
liche Vortrage, von denen ein Theil in
seinem Werke „Ans uier Jahrhunderten nieder-
IlinillZch - llintächrr UnnZtgrLchichte" (Berlin
4878) im Druck erschienen ist. Im rauhen
Frühjahre 1879 besuchte er abermals, an
ihn ergangenen Einladungen folgend,
verschiedene Städte Norddeutschlands.
Nun aber trat die Krankheit, zu der er
schon seit Jahren den Keim in sich ge-
tragen, den seine hochaufgeschossene Ge>
stalt nur ahnen ließ, offen hervor, wahr»
scheinlich durch die Strapazen, die mit
solchen Wandervorträgen verbunden sind,
nur noch mehr gezeitigt. Er kämpfte
wohl mit der ganzen Kraft eines starken
Geistes dagegen an und arbeitete steißig
an seiner „Geschichte der Malerei", wo»
von die. ersten Hefte in rascher Folge er»
schienen. Auch führte er die Redaction
des «Repertoriums für Kunstwiffen»
schaft", welche er noch in Prag mit Hu-
bert Ianitschek gemeinschaftlich über-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Volume 58
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wolf-Wurmbrand
- Volume
- 58
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon