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Moronis
8. December 4829). Ein Sohn des Ic>.
hann Woronicz aus dessen Ehe mit
Marciana aus dem Hause Kmita.
Ueber den Adel des Vaters fehlen uns
alle Nachrichten, doch jener der Familie
Kmita, welcher die Mutter angehört,
ist einer der ältesten Polens. Johann
Paul besuchte die Schulen der Jesuiten
in Ostrog, wo er später selbst in deren
Orden eintrat und wie es in demselben
üblich war, im Lehramte beschäftigt
wurde. Nach Aufhebung des Ordens
kam er ins Kloster der Missionäre in
Warschau. Bei denselben stand er vier
Jahre als Seelsorger in den bischöflichen
Diöcesen von Kiew und Chelm in Ver»
Wendung. I n letzterer lernte ihn bei dem
Bischof Matthias Garnys;, der zu>
gleich Vicekanzler der Krone war, König
Stanis laus August kennen. Dieser
ward durch den seltenen Geist, den Wo-
ronicz auf dein vierjährigen Landtage
und in ein paar politischen Flugschriften,
die er hatte erscheinen lassen, kundgab,
bald auf den reichbegabten Priester auf-
merksam, und er verlieh ihm zunächst die
infulirte Propstei von Liwa; dann 1797
die Propstei von Kazimierz und zuletzt
jene von Powsm nächst Warschau. In
den Tagen des Herzogthums Warschau
wurde Woronicz Dekan des Capitels
daselbst und Rath der Stände; bei Er-
richtung des Königreichs Polen auf dem
Wiener Congresse 1313 Bischof von Kra-
kau und nach zwölfjähriger Wirksamkeit
daselbst 1827 Erzbischof von Warschau,
Metropolit und Primas des Königreichs
Polen. I n dieser Eigenschaft klönte er
am 24. Mai 4829 zu Warschau den rus
fischen Kaiser Nicolaus mit der russi»
schen Kaiserkrone zugleich als König von
Polen. Doch sein hohes Alter machte sich
bereits geltend, ein älteres Leiden trat
immer bedenklicher auf, die Aerzte schick ten ihn zur Linderung desselben in die
böhmischen Bader, ungeheilt verließ er
dieselben und fuhr, um den Rath der
Wiener Aerzte einzuholen, über Regens»
bürg nach Wien, wo ihn aber in kurzer
Zeit der Tod ereilte. Die Leiche wurde
von Wien nach Krakau gebracht und dort
in der Kathedrale auf dem Wawel zur
ewigen Ruhe gebettet. Es ist ein reiches
und ungemein fruchtbares Priefterleben,
das sich uns in Woronicz darstellt,
welcher Poet, Historiker, Staatsmann,
Redner und kirchlicher Würdenträger
zugleich und in allen diesen Gestalten
eine Größe ersten Ranges ist. Bereits
1783 tritt er als Dichter auf, als dann
1793 die Theilung Polens statthatte,
huldigte er noch mehr der Muse und
fand in ihr Trost über das Unglück seines
Vaterlandes. 'Später, als angesehene
und gelehrte Männer seines Volkes daran
gingen, in Warschau die Gesellschaft
der Wifsenschaftsfreunde zu gründen,
trat er derselben als eines der ersten
Mitglieder bei und sprach als solches -
den Gedanken aus, eine Sammlung
nationaler Denkmäler anzulegen. Bald
vollzog sich auch die Verwirklichung
dieser Idee, als die Fürstin Isabella
Czartoryska in Pulawy eine Samm»
lung polnischer Alterthümer veranstaltete.
Er selbst weilte in jenen Tagen oft in
diesem Orte, und daselbst entstanden die
herrlichen Dichtungen „Die Sibylle",
„Der Reichstag von Wislica", welche zu
den Zierden der epischen Poesie Polens
gehören. Später nach Powsin versetzt,
lebte er dort ganz den seelsorgerlichen
Pflichten für seine Gemeinde, verschönerte,
mit ungewöhnlichem Geschmack begabt,
seinen priesterlichen Sitz und trug sich
mit dem Gedanken eines großen Cyclus
polnischer Kpen, genannt Lechiade. Wohl
legte er sich deren Ausführung für spä«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Volume 58
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wolf-Wurmbrand
- Volume
- 58
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon