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Woramcz 1
unter dem Titel heraus: „Aa.2A.ni2.02M
d. i. Predigten oder Christenlehren für
verschiedene Sonn- und Feiertage u. s. w.,
wovon dann eine neue Auflage in drei
Bänden 4832 erschien, und zuletzt:
i koruilio äotad
as", d. i. Leichen»
reden und durch den Druck noch nicht
veröffentlichte Homilien (Krakau 4860,
' tt".), aus des Autors eigenhändigen Ent-
würfen gesammelt. Doch ist dies lange
nicht eine vollständige Sammlung der
von Woronicz gehaltenen Kirchen-
reden, deren eine große Anzahl unge»
druckt in Handschrift geblieben. Daß er
von seinen Landsleuten hoch gehalten ist,
begreift sich bei der Vaterlandsliebe, die
alle seine Arbeiten durchweht, und der
Begeisterung, die in allen seinen Gs'
dichten athmet, sehr leicht, und er vex?
dient auch in der stattlichen Reihe dßr
polnischen Schriftsteller eine hervor-
ragende Stelle. Manches mag wohl nicht
mehr nach unserem Zeitgeschmäcke sein,
dies nimmt jedoch der poetischen Wßihe,
von der Alles, was er sprach unh sang,
durchhaucht ist, nichts. Schwieriger dürfte
es sein, ihm die rechte Stelle in hex Welt»
literatur anzuweisen. Er ist yon der
ästhetischen Kritik mit einer Fichte ver-
glichen worden, die ihre melancholischen
Aefte über die Trümmer ßjner Kirche
beugt. Und wenn man sich hsr Heiligkeit
seines Berufes und Charakters, der
antiken Rechtlichkeit seines Sinnes, vor»
züglich der immer lebendigen, zugleich
aber auch düsteren Stimmung seines
Dichtergeistes erinnert, her seine grünen
Blätter gleichsam ühßr die Denkmäler
des Ruhmes und der ^selbstverschuldeten)
Leiden seines Vaterlandes streut, so ist
der Vergleich unbedingt vollkommen zu- 9 Moronis
treHnd. Wo Andere von der Last der
Syrien und der Pein der Schmerzen
nichzrgedrückt oder sogar gebrochen wer«
den< richtet er sich kräftig empor, und
seinZ Stimme, wie seine Stellung gleicht
der des Propheten. Sein vorzüglichstes
Gchicht ist unbestritten das in seinen frü«
herßn Jahren entstandene „Die Sibylle",
mit großem Geschick erfunden und reich
ar; erhabenen Bildern, welche uns in
schwungvoller Sprache vorgeführt wer-
dßn. Der Dichter öffnet die Gräber be-
rühmter Könige und Krieger, und wie
ihre riesigen Bilder in langer trauriger
Weihe vor ihm vorüber ziehen, erinnert
sr sie
an ihre, glorreichen Thaten und den
Muhm, den
sie für das Vaterland erran-
gen, und fordert sie auf, deffen gegen-
wärtige Noth zu schauen; an der gold-
bereiften Stirn des letzten Königs erkennt
er die Morgenröthe der Freiheit. I n
einem anderen kleineren, aber nicht minder
schönen Gedichte, „Der Reichstag von
Wislica", stellt er die Polen dar mit ihren
von Blut noch rauchenden Schwertern
und ben an ihre Pferde gefesselten Ge-
fangenen, wie sie
zusammenkamen, um
einen Bund zu schließen und Gesetze zu
geben über das Eigenthum, das
sie so
theuer erkauft hatten, und das
sie
so
tapfer vertheidigten. Dieses an Einzel»
heiten von Pracht und Krnft m der
Sprache reiche Gedicht ist nur das Bruch»
stück eines großen poetischen National»
gemäldes, deffen oben in der Biographie
Erwähnung geschieht und das der Dichter
in seinen jungen Jahren entworfen, aber
bei der Bürde seines heiligen Amtes aus»
zuarbeiten nicht mehr die Zeit gefunden
hat. Und wie als Poet, so steht er auch
als Kanzelredner groß da, denn seine geist-
lichen Vorträge, mögen
sie an die Großen
des Reiches oder an den schlichten Land-
mann gerichtet sein, sind wahre Muster-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Volume 58
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wolf-Wurmbrand
- Volume
- 58
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon