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Vranitzkys Paul 144 Mranitzkn, Paul
der Antons ^s. d. S. 141^, nicht minder
mit musicalischem Talente begabt, aber
weit fruchtbarer und bekannter als
dieser. Er besuchte gleich ihm die unteren
Lateinschulen bei den Prämonstratenser»
Chorherren seines Geburtsortes, bei
denen er auch den ersten Unterricht in
der Musik, und zwar in Gesang und
Orgelspiel erhielt. Dann setzte er seine
Studien in Iglau und Olmütz fort, an
beid«n Orten sich auch in der Musik
weiter bildend, und besonders war es die
Violine, auf die er sich mit großem Eifer
verlegte. Als er 1776, damals 20 Jahre
alt' nach Wien kam und im k. k. theolo»
gischen Seminar Theologie hörte, er<
weckten seine musicalischen Kenntnisse
solche Aufmerksamkeit, daß man ihm die
Stelle eines Musikdirectors im Seminar
übertrug. I n dieser Zeit trat er mit dem
damals in Wien sich aufhaltenden schwe»
bischen Capellmeister Kraus, dem nach-
maligen Gatten seiner Nichte Anna, in
näheren Verkehr und erhielt von ihm
Unterricht in der Compofition. Bei seinem
ungewöhnlichen Compositionstalente fan-
den schon seine ersten nur in Handschrift
bekannt gewordenen Tonstücke großen
Beifall und machten seinen Namen als
den eines geschickten Komponisten bald
in weiteren Kreisen bekannt. Dabei wur<
den seine Gewandtheit und Sicherheit in
Leitung größerer Wusikkörper bald Ver«
anlaffung, daß man ihm öfter die Direc»
tion von Orchestern überließ und ihn zu
Akademien und Concerten heranzog,
welche in den Familien des höheren
Adels in Wien, wo eben die Musik in
höchster Blüte stand und selbst bei Hofe
mit großer Vorliebe gepflegt wurde, da-
mals nicht selten statthatten. Unter
solchen sich immer günstiger gestaltenden
äußeren Verhältnissen gab er bald das
theologische Studium auf und nahm vorab eine Stelle in der damals be»
rühmten Fürst Eszterhazy'schen Ca-
pelle an, deren Seele eben Joseph
Haydn war. Aber schon 1783 folgte
er der Berufung zum Director des
Orchesters an dem k. k. Hofoperntheater,
in welcher Eigenschaft er bis an seinen
Tod mit großem Ruhm wirkte. Die ver-
schiedenen Angaben seines Todesdatums:
26. und 28. September und wieder Oo
tober, sind nach den oben angeführten
der „Wiener Zeitung" vom 1. October
l8a8 entnommenen festgestellt. Paul
Wranihky war ein ungemein frucht-
barer, dabei ebenso vielseitiger als zu-
weilen glücklicher Komponist. Er schrieb
Opern, Ballete, musicalische Zwischen»
acte, Symphonien, Quintette, Quar<
tette, Trios und andere Compositionen
ü. 1a (Ü9.MSI-S,, von denen im Ganzen über
ein halbes Hundert im Druck erschienen,
eine nicht minder große Zahl aber in
Handschrift geblieben ist. Zch habe mit
Vergleichung der verschiedenen Quellen,
namentlich Gerber und Dlabacz und
dann mehrerer Musikkataloge, obige Zahl
der gedruckten Compositionen heraus'
gefunden, dabei aber die Entdeckung ge»
macht, daß deren nicht wenige eine und
dieselbe Opuszahl tragen, so daß z. B.
mit Opus 1 gleich vier, mit Opus N»,
16 und 17 je drei verschiedene Composi-
tionen bezeichnet sind, u. s. w. Eine
Feststellung dieser Angaben wäre nur in
einem großen Musikarchive durchführbar,
das aber meines Wissens nicht besteht.
W r a n i h k y erfreute sich besonderer
z Huld der Kaiserin Mar ia Theresia
(geb. 1772, gest. 1807), zweiten Ge,
malin des Kaisers Franz I., in deren
Auftrage er verschiedene Compositionen zu
ihrem eigenen Gebrauche, sowie zu Dar«
stellungen bei Hofe vollendete. Noch sei
bemerkt, daß er mehrere Jahre Secrerär
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Volume 58
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wolf-Wurmbrand
- Volume
- 58
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon