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Württemberg. Wilhelm Nicolaus 286 Württemberg, Wilhelm Nicolaus
der Kriegsdecoration des Commandeur»
kreuzes und den Orden der eisernen
Krone t. Classe mit Kriegsdecoration.
Auch war er schon ^l865 zum Inhaber
des Infanterie-Regimentes Nr. 73 (vor
mals Mensdorff'Pouilly) ernannt wor
den. Obwohl Herzog Wilhelm verhält»
nißmäßig schnell die Rangstufen zum
Fsldzeugmeister zurücklegte und die
höchsten Auszeichnungen des Staates,
— freilich jede für ruhmvolle Thaten im
Felde — erkämpft hatte, blieb er, was
er von allem Anbeginn gewesen, der
Freund und schlichte Waffengenoffe seiner
Ofsiciere, der Vater seines Regimentes,
das zu ihm wie zu einem Heros, der er
auch war, aufsah. Wie er in den Regi
mentern, in denen er diente, durch seine
mit Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit
gepaarte Genialität der Liebling der
Officiece war, so eroberte ihm auch sein
ganzes Auftreten in der Gesellschaft alle
Herzen. Das kameradschaftlich freund«
schaftliche Verhältniß, welches zwischen
ihm und dem ihm unterstehenden Offi»
cierscorps herrschte, diente den anderen
Officierscorps geradezu zum Muster.
Der Herzog gehörte keinem Kasino,
keinem adeligen Club, keiner Clique an,
er lebte nur seinen Officieren und seinem
Regimente, war aber auch in adeligen
und bürgerlichen Salons eine gern ge-
sehene Erscheinung, ein Freund der schönen
Künste und ein ebenso geistvoller als an«
genekmer Gesellschafter. Das scharf ge»
schnittene Profil, das kühne Auge, das
männlich freie und als er schon Stabs»
offmer war, jugendliche, seltsamer Weise
von grauen Haaren eingerahmte Gesicht
— die Folge einer am Kopf erhaltenen
Wunde und der ausgestandenen Stra-
pazen — machten einen Eindruck, der
Allen, die ihn empfingen, im Gedacht«
niffe blieb. Er war ein Liebling der Wiener und wurde später, als er in
Schleswig mit gleichem Heldenmuth
kämpfte, wie vordem in Italien, überall,
wohin er kam, ein Liebling der Bevöl»
kerung. Als er dann zu Trieft befehligte,
bezwang er auch die dortige dem Soldaten
gegenüber sich kühl verhaltende, über-
Haupt abgeschlossene Gesellschaft und
gewann auch dort bald die Bewunderung
der kaufmännischen und finanziellen
Kreise. Der Held hat an allen Feldzügen,
welche die österreichische Armee innerhalb
vier Jahrzehnte durchzufechten hatte, in
ruhmvoller Weise theilgenommen. Mit
den Tugenden des wahrhaft hochherzigen
Menschen verbindet er dieschätzenswerthe»
sten militärischen Eigenschaften. Es heißt
von ihm, daß er keinen unversehrten
Knochen am Leibe habe, und dies ist bei»
nahe buchstäblich wahr: denn außer seinen
in Gefechten und Schlachten empfan»
genen Wunden und anderen schweren
Verletzungen trug er in Italien durch das
Ueberschlagen einer Sediola — des be«
kannten italienischen zweiräderigen Fuhr-
werkes — so schwere Beinbrüche und Be-
schädigungen davon, daß man lange Zeit
für seinZeben besorgt war. Aber in diesem
sozusagen gebrochenen Körper schlägt
ein ungebrochenes Heldenherz, strebt
eine energische Seele, die allen Gefahren
und Mühseligkeiten trotzt. Dabei ist diese
eele von der edelsten Begeisterung für
den militärischen Beruf, dem der Herzog
mit ganzer Hingabe sich widmet, erfüllt.
Um die Schlachtfelder des nordamerica«
nischen Secessionskrieges an Ort und
Stelle zu besichtigen und dabei die Stra-
tegie der amerikanischen Feldherren zu
studiren, unternahm der Herzog eigens
ine Reise nach Nordamerika. Im bos«
nischen Feldzuge, in welchem er sich neue
Lorbern pflückte, erwarb er sich wieder,
wie noch immer, die Bewunderung und
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Volume 58
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Wolf-Wurmbrand
- Volume
- 58
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon