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Zieratm, Karl 88 Zierotin. Karl
Schntz. den er der Brudergemeinde, welcher
cr selbst angehört zu dabcn scheint, gewährte,
rortellhaft bemerkbar, mußte aber auch die
Anklage dcr Häresie und Ketzerei über sich
ergehen lassen und Verfolgungen und Ver«
dächtigungen schlimmster Art erdulden. Das
Leben Karls hat einen so reichen Inhalt,
daß in folgender Skizze nur Hauptmomente
in Umrissen gezeichnet werden können, übri«
qenö hat er an Herrn uon Chlumecky
einen Biographen gefunden, welcher der Be»
wältigung eines ebenso reichhaltigen als
schwierigen Stoffes völlig gewachsen war.
Alle ihm angebotenen staatlichen Bedienstun-
gen schlug Zierot in aus und widmete sich.
dem Beispiele seines Vaters folgend, vorerst
dem Kriegsdienste. Er kämpfte in Ungarn
gegen die Türken, bis 1606 die Feindselig,
keiten durch einen Frieden geschlossen wurden.
Nicht minder schwere Zeiten folgten, als die
Wirren durch den Zwist der beiden kaiser«
iichen Brüder Rudolf und Matth ias» die
einzelnen Länder des Staates arg schädigten.
Kar l trat auf die Seite des Letzteren und
beobachtete gegen den Kaiser eine solche
Haltung, daß die Anschläge desselben gegen
Matth ias ihre Wirkung verfehlten. Den
Grund des Widerstandes, den er gegen den
Kaiser Rudolf bethätigte, erzählt er in
einem seiner Briefe, worin er sich beklagt,
daß er uon demselben ohne alles Verschulden
eines seiner Ehrenämter entsetzt worden sei.
Als die Wirren im Lande immcr bedrohlicher
wurden, trat er mit seinem Widerstände
gegen Rudolf ganz offen auf, er veranlaßte
die Mührer. dem Beispiele der Ungarn und
Ocsterreicher zu folgen und dem Erzherzog
Matth ias den Eid der Treue zu leisten.
Er begleitete Letzteien auch auf dessen Heer»
zuge nach Böhmen; er übernahm dann die
Gesandtschaft an den Kaiser, und er vermochte
denselben, seinem Bruder die Länder Ungarn
und Oesterreich abzutreten. Als nun l61U
die sogenannten Passauer Truppen eine dro«
hende Haltung gegen Mähren und Oesterreich
annahmen, besetzte er unter Befehl Albrechts
von Wald st ein, nachmaligen Herzogs von
Friedland." die Grenzen der ihm anvertrauten
Länder, und einige Jahre später, nach Aus«
druch der Rebellion in Böhmen, sammelte er
w aller Eile ein Heer und traf alle Anstalten,
um zu verhüten, daß Mähren in' dieses all'
gemeine Unglück verwickelt würde. Als ihn
dann die mährischen Stände, auf seine Um«
ficht und Beredtsamkeit alles Vertrauen setzend. nach Prag schickten, so blieb seine unwider«
stehlich? Beredtsamkeit nicht ohne Einfluß
auf den erbitterten böhmischen Adel. den er
zur Einigkeit und zur Treue gegen den
Kaiser zu bereden versuchte. Aber .Graf
Thurn und mit ihm noch einige Mal«
contenten des böhmischen Adels vereitelten
alle Bemühungen Zierotin's. Nach dem
Tode des Kaisers Mat th ias ergriff Kar l
mit gleichem Eifer die Partei dessen Nach«
folgers, des Kaisers Ferdinand I I . Ob-
gleich selbst kein Katholik, ließ er sich doch in
keiner Weise bewegen, seine Einwilligung zu
den aufrührerischen Bewegungen der vrote»
stantischen Landstände in Mähren zu geben,
die sich ebenfalls der Rebellion in Böhmen
anschlössen. Als die Rebellen festen Fuß ge-
faßt, die kaiserlichen Beamten vertrieben und
ihre eigenen Creaturen in Aemter und Wür»
den gestellt hatten, blieb er doch unentwegt
der treue Unterthan seines Kaisers, wenn es
gleich noch immer auch von dieser Seite an
heimlichen Machinationen nicht fehlte, die ihn
zu verderben suchten. Zunächst aber hatte er
die Unbilden derjenigen zu erdulden, die ihn
als den Abtrünnigen ihrer Partei ansahen,
der seine Macht und seinen Einfluß anwenden
konnte und anwendete, um ihren hochver«
rätherischen Plänen Widerstand zu leisten.
Diese seine Slandhaftigkeit war auch Ur«
sache. daß er nebst dem Cardinal Dietrich»
stein, dem Fürsten Karl Liechtenstein
und Ladislaw von Lobkowih von den
böhmischen Rebellen nach Brünn in Ver«
Wahrung gebracht wurde. Friedrich von
der Pfalz. der. zum Könige uon Böhmen
ausgerufen, nach Mähren zog. wo ihm, nach«
dem die Nebellen auch in diesem Lande die
Macht an sich gerissen hatten, t620 öffentlich
gehuldigt wurde, versuchte persönlich wie
durch seine Anhänger Zierot in für seine
Sache zu gewinnen. Aber ebenso wenig
die größten Ehrenstellen und Belohnungen,
die ihm angebogen wurden, konnten Kar l in
der Treue gegen seinen Kaiser und H?rrn wan-
kend machen, als die Androhungen von
Elend. Verbannung, ja selbst des Todes. Er
erwiderte auf Alles mit unerschütterlicher
Ergebenheit in sein Geschick, „daß er sein
Leben und sein Glück gern hingeben werde,
um dadurch die Schande des Meineids und
der Untreue von sich abzuwenden, welche
nicht nur sein Andenken, sondern auch seine
ganze Nachkommenschaft beflecken würde".
Von solcher Seelengröße und Charakterfestig-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Zichy-Zyka, Volume 60
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Zichy-Zyka
- Volume
- 60
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 430
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon