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Zipser, Maier 177 Zipser, Maier
Verbindung trat und dann dessen eifriger
Mitarbeiter wurde. Im Jahre 4847
vermalte er sich mit seiner ehemaligen
Schülerin, einer Tochter des oben er»
wähnten Boböly, und schon schickte
er sich an, seine 8(jjährige Mutter heim»
zuholen und in sein Haus einzuführen,
als ihn (Februar 1848) die Nachricht
von ihrem Hinscheiden traf' dann brach
im April dieses Jahres der Iudenkrawall
in Stuhlweißenburg aus, welchem der
Croateneinzug unter Ielacio folgte.
I n oen nächstfolgenden Jahren der Auf»
regung spielten auch die Juden Ungarns,
die längst in der nationalen Frage Stel'
lung genommen, und Zipser mit ihnen,
eine Rolle, freilich mit jener Vorsicht,
in welcher dieses Volk, in allen Verhält«
nifsen das Für und Wider abwägend,
mustergiltig ist und bleibt. Dadurch
gewann Z i p s e r das Vertrauen des
Stuhlweißenburger Platzcommandanten,
des Generals Fürsten Lobkowitz, in-
folge dessen für die Juden manches
Drückende des Belagerungszustandes
gemildert wurde, und als auch bei der
kaiserlichen Regierung die Iudenfrage
auf die Tagesordnung gestellt wurde,
berief der damalige Chef der königlich
ungarischen Statthalterei Baron Gerin-
ger am 12. September l83l unseren
Zipfer in das Comite, das zur Rege-
lung des Cultus- und Unterrichtswesens
der Israeliten in Ungarn zu Ofen ge»
bildet worden. I n dieser Zeit erlangte
er auch an der Universität in Budapesth
die philosophische Doctorwürde. Indessen
fühlte er sich in den damals herrschenden
politischen Zuständen Ungarns nichts
weniger als befriedigt, so daß er ernstlich
daran dachte auszuwandern und theils
England, theils Amerika als freiwilliges
Exil in Aussicht nahm. Aber die in
dieser Richtung angeknüpften Verbindun-
v. Wurzbach, biogr. Lexikon. I^.X. f düngen führten doch nicht zum erwünsch'
ten Ziele, und eine um diese Zeit ein-
getretene Gemüthskrankheit seiner Gat-
titl vereitelte vollends fein Vorhaben.
Inzwischen waren auch Zerwürfnisse in
seiner Gemeinde eingetreten, und auch
auswärtige Rabbiner stellten sich seinen
Reformversuchen feindlich und mit einem
bei den Juden gewöhnlichen Fanatismus
entgegen. Dazu gesellte sich politische
Denuntiation. Alles dies verleidete ihm
seine Wirksamkeit in seiner Gemeinde,
und gern folgte er dem Rufe der alt'
bewährten Gemeinde in Rechnitz, den er
1838 annahm, nachdem er 14 Jahre
unter drückenden, verwirrenden und das
Wohl seiner Gemeinde nichts weniger
denn fördernden Verhältnissen in der»
selben gewirkt hatte. Etwas über ein
Jahrzehnt war es ihm gegönnt, in Nech-
mtz seines Amtes zu walten, dann raffte
ihn im Alter von erst 34 Jahren der
Tod hin. Richten wir noch einen über-
sichtlichen Blick auf Zipser's schrift-
stellernde Thätigkeit. Er war nicht
Schriftsteller von Beruf, nichtsdesto-
weniger aber häuften sich im Laufe der
Jahre seine Arbeiten, und besitzen die-
selben nach Stoff und Ausführung einen
Charakter, der ihm in wissenschaftlichen
Kreisen Ansehen und Geltung verschaffte.
Das Meiste — einige homiletische Vor»
träge ausgenommen — ist in Fach-
blättern zerstreut. Wir führen davon an
im Li teraturblat t des Or ients:
„Die jüdischen Zustände unter der
130jährigen Türkenherrschaft" ^846
und 4847^; — „Zur Biographie des
! Rabbi Maier Eisenstadt" ^1847^; —
! „Raphael Meldola. Ein Bild der
jüdischen Zustände in Italien zu dessen
! Zeit" ^ebd.^; — „Kritische Untersuchung
> über die Originalität der im Talmud
! und Midraschim vorkommenden Parabeln
24. Febr. j894.) l2
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Zichy-Zyka, Volume 60
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Zichy-Zyka
- Volume
- 60
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1891
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 430
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon