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GEBOREN ZUM
PRESTIGEVERBRAUCH24 17 So folgte die Haupttreppe am Corps de Logis
dem Vorbild des kaiserlichen Schlosses Schön-
brunn, ähnelten die Seitenflügel in der Fassaden-
gliederung spätbarocken Bürgerhäusern.
18 Rotenstein, 1792/93, S.
181.
19 Vgl. Dávid 2009, S. 449.
20 Leux-Henschen 1978, S. 263.
Das Schloss war nach der Frankfurter Krönungsmission und spätestens seit der
Geburt Nikolaus’ Mittelpunkt der großväterlichen Kunstaktivitäten und galt als
sommerliche Hauptresidenz der Familie. Fürst Nikolaus plante und baute hier eine
Anlage mit Stallungen, Gärten, Lustwald, Pavillons, Theater- und Opernhaus, Ma-
rionettentheater, Wirtschaftshöfen und zahlreichen Nebengebäuden für den wach-
senden Hofstaat. Zeitgenossen bezeichneten es wegen seiner ungeheuren Dimensi-
onen, der luxuriösen Hofhaltung und glanzvollen Feste als »Ungarisches Versailles«.
Das Schloss zeigte in seinen unterschiedlichen Erweiterungsformen außer dem
Größenanspruch von Versailles allerdings eher zeitgenössische Wiener Bauideen
und -moden17. Auch in Ermangelung eines innovativen Architekten, durch stetige
Planänderungen, Umbauten und Erweiterungen kam es bis um 1772 zwar zu einer
baulich großen, jedoch in Einzelformen eher kleingeistigen Anlage, die mit vielen
architektonischen Ungelenkheiten und Problemen zu kämpfen hatte. Grund dafür
dürfte der fürstliche Auftraggeber selbst gewesen sein, der oft ins Baugeschehen
eingriff und so als Architekt dilettierte, denn er »liebt die Künste, Musik und das
Bauen, lebt überhaupt noch nach dem Wunsch seines Herzens«18. Der größte nicht
kaiserliche Bau der maria-theresianischen Zeit19 wurde daher schon in den histo-
rischen Beschreibungen nur wegen seiner Weitläufigkeit und seiner französischen
Gartenanlagen gewürdigt, nicht jedoch für seine Baukunst. Das Theater z. B. sei
»mit einer ungemeinen Pracht gebaut aber mit wenigem Geschmak …«20, bemerkte
ein Zeitgenosse. Damit wurde auf die Architektur des höfischen Rokoko angespielt,
die bereits seit Mitte des Jahrhunderts nach europäischem Maßstab als veraltet galt,
aber in Eszterház weiter gepflegt wurde. Schließlich trieben nicht modische Erwä-
gungen den fürstlichen Bauherrn an. Stil- und baubestimmend waren kaiserliche Graf Nikolaus Esterházy im Alter von vier Jahren und
seine Schwester Maria Theresia im Alter von sechs
Jahren, Gemälde aus dem Umkreis der Werkstatt
Martin van Meytens (1695–1770), um 1770. Esterházy
Privatstiftung, Schloss Eisenstadt.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur