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Nikolaus II. Esterházy und die Kunst - Biografie eines manischen Sammlers
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GEBOREN ZUM PRESTIGEVERBRAUCH30 37 Die Literatur zum Opern- und Theaterbetrieb in Eszterház ist überreich, so z. B. Forschungen von Horanyi 1962, Reicher, Walter/Siegert, Christine (Hg.) : Eisenstädter Haydn-Berichte, Tutzing, oder Robbins Landon, Howard Chandler (Hg.) : The Haydn Yearbook. Zur Festkultur zuletzt : Dávid/ Fatsar 2004. 38 Vgl. Bloch 1978. 39 Weitere Italiener im Dienst Nikolaus’ I. waren der Theatermaler Pietro Travaglio (gest. 1798), Schüler der Brüder Galliari, der Ballettmeister Ludovico Rossi sowie der Operndirektor und Theaterdichter Ninciato Porta. 40 Vgl. Siegert 2009, S.  78. 41 Vgl. Griesinger 1810, S.  22. 1.2 Haydn und die Hofhaltung Musik, Oper und Festkultur waren in den Staaten der Habsburgermonarchie noch vor dem Sammeln und Bauen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die wich- tigste Komponente hochadliger Selbstdarstellung. Tagelange Feste und Jagden dienten der mit großem Aufwand betriebenen Standesrepräsentation. Der recht abgeschlossene Kreis der Hocharistokratie, der sich in den Erblanden vor allem am Kaiserhaus orientierte, nutzte besonders das Theater und die Musik zur Ver- anschaulichung seiner Vorrangstellung, wofür auch das Erzhaus große Summen ausgab und die besten Künstler der Zeit zu engagieren wusste. So war auch bei Fürst Nikolaus I. das Musik- und Festwesen Höhepunkt der Hofhaltungskunst, das symbiotisch vor der Kulisse der Architektur und Gartengestaltung und inmitten der kunstvollen Kostbarkeiten stattfand. Hierfür entstanden in Eszterház das große Opernhaus (1768) und ein Marionettentheater (1773)37. Enkel Nikolaus wuchs also mit Opern, Konzerten und Schauspielen auf, die im- mer, wenn der Fürst und sein Hof sich in Eszterház aufhielten, veranstaltet wurden. Aus den seit den 1760er-Jahren aufgeführten Opern von Paisiello, Sacchini, Pic- cini, Dittersdorf, Cimarosa und Salieri dürfte der Knabe Italienisch gelernt haben. Im Sprechtheater waren alle Formen von Pantomime bis zu Trauer-, Schau-, Lust- und Singspiel vertreten, auch wenn Fürst Nikolaus ein Faible für unterhaltsame Komödien und derbe Späße hegte, was seine »belletristische Oberflächlichkeit« offenbarte. Allerdings wurden auch die Klassiker des deutschen Theaters, die die Bühne zur moralischen Anstalt machten, auf den Spielplan genommen. König Lear, Götz von Berlichingen, Emilia Galotti, Minna von Barnhelm, Kabale und Liebe, Ma- ria Stuart thematisierten bürgerliche Moral und die Forderungen zur Abschaffung ständischer Schranken. Diese Stücke auf der fürstlichen Liebhaberbühne standen im Gegensatz zur am Esterházy-Hof weiterhin gelebten und nicht hinterfragten Adelsherrschaft und der Unterordnung des Gemeinwohls unter die Interessen und das Machtstreben der Fürsten. Allerdings belegte es, dass die Aufklärung als »La- tenz« längst in die höfische Welt, in der der kleine Nikolaus aufwuchs, eingedrun- gen war und die Kunst dem bevorstehenden »Weltprozess« vorgriff. Das Theater entfaltete sein Potenzial antizipatorischer Erkenntnis38. Dies wurde vom Großvater wohl kaum in seiner gesellschaftlichen Tragweite verstanden, hatte aber möglicher- weise auf den Knaben unbewusst Einfluss genommen. Die fürstliche Künstlertruppe bestand aus bis zu 22 Mitgliedern der Musikka- pelle, ca. 14 Schauspielern sowie sechs Sängern und Sängerinnen, die meist aus Ita- lien stammten39. Hinzu kamen die Kirchenmusik im Eisenstädter Schloss und die Feldharmonie der Grenadiergarde. In engem Austausch mit den Wiener Theatern und Opern, der kaiserlichen Hofkapelle, von denen immer wieder Künstler abge- worben wurden, entwickelte sich die Hofmusik Esterházys unter ihrem Kapell- meister Joseph Haydn (1732–1809) zu einem der wichtigsten Beiträge der Wiener Klassik. Haydn war mittlerer Beamter und unterlag in seiner Arbeit dem klaren Auftrag seines Dienstherrn. Er komponierte für den Geschmack Fürst Nikolaus’, für den Fürsten als Barytonspieler nach dessen Könnensstand und vor allem für die Anforderungen seiner auf oberflächlichen Glanz angelegten Festinszenierun- gen40. Dennoch schätzte Haydn das musikalische Verständnis seines Dienstgebers, da er nach dessen Tod bemerkte : »Fürst Nikolaus Esterhazy war ein geschmack- voller Kenner und leidenschaftlicher Liebhaber der Tonkunst …«41 Der Eszterhá-
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Nikolaus II. Esterházy und die Kunst Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Untertitel
Biografie eines manischen Sammlers
Autor
Stefan Körner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 2.0
ISBN
978-3-205-78922-2
Abmessungen
23.0 x 28.0 cm
Seiten
404
Kategorie
Kunst und Kultur
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