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Nikolaus II. Esterházy und die Kunst - Biografie eines manischen Sammlers
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Geboren ins Feenreich 31 42 Vgl. Winkler 2009, S.  395. 43 Rotenstein 1792/93, S.  187. 44 Ein Beobachter in Eszterház schrieb : »Das Schloß zu Esterhaß ist blos zur eine Augenweide gebauet, man sieht an demselben das, was man … unter den Feen-Schlössern vorstellt. Alles reizt die sinnliche Lust eine Zeitlang ; Lange- weile folgt auf den zu heftigen Genuß, so auch hier« (Rotenstein 1792/93, S.  182). 45 Alwyn 1989, S.  15. 46 Vgl. Elias 2002. zer Opernbetrieb war also eine Mischung aus adeligem Haustheater und großer Staatsbühne und damit wichtiger Bestandteil einer gewaltigen Festmaschinerie, die in Konkurrenz zum Wiener Hof und der Hocharistokratie der Erblande stand42. Wie der Fürst 1764 mit dem »Esterházy’schen Feenreich« eindrucksvoll bewie- sen hatte, war die Festkultur nicht nur zur Zerstreuung da, sondern auch Mittel zur Darstellung der Geltungsmacht und des Stellenwertes in der höfischen Gesellschaft. Gefeiert und inszeniert wurde daher in Eszterház ständig, so aus Anlass des Namens- tages der Fürstin, Hochzeiten oder hohen Besuchen des Kaiserhauses. Die fürstlichen Enkel wuchsen selbstverständlich mit der spielerischen, lustvollen und ungemein kreativen Festkultur des Großvaters auf, der damit Würdenträger, Statuskonkurren- ten, Parvenus und Künstler aus ganz Europa anlockte, die vom Glanz des Hofes schwärmten. So wurde 1772 der französische Botschafter Louis René Édouard de Rohan-Guéméné (1734–1803) mit Opern, Jahrmärkten, Jagden, Komödien, Bällen, Illuminationen und Inszenierungen in Eszterház so königlich »divertiert«, dass er eingestand, »daß man in Esterhaß nichts vermisse, was Paris nur Angenehmes hat«43. Die Festkultur Fürst Nikolaus’ I. ist ein extremes Beispiel eines nicht souverän re- gierenden Fürsten im 18. Jahrhundert mit der Lust an Verschwendung, an ausgefal- lenen und gekünstelten Inszenierungen, der Lust am Ungleichgewicht von großem Aufwand und schnell zu konsumierender Wirkung. Diese Festkultur spiegelte die Irrealität des Lebens am Hofe, das letztlich nichts als ein Gesellschaftsspiel zu sein schien, ein blendend inszeniertes Theater. Damit stand sie exemplarisch für das ba- rocke Fest an sich, das, um der Langeweile zu entfliehen, größtmögliche Zerstreu- ung der Gäste gewährleisten und gleichzeitig das erhöhte Dasein des Gastgebers zum Ausdruck bringen sollte44. Immer neue Inszenierungen unter immer neuen Bedingungen dienten immer wieder nur der Darstellung der Macht. Die Feste im ausgehenden höfischen Zeitalter waren geprägt von permanenter Abwechslung, um Übersättigung und Ermüdung vorzubeugen. Es ist der zur Kunst erhobene Genuss und damit wohl die sublimste Form des Müßigganges, aber auch der Demonst- ration, Vergewisserung und Einübung von Hierarchien. Diese Feste sollten einen nachhaltigen Eindruck von der Herrlichkeit, der Macht, dem Reichtum und Erha- benheit des Gastgebers hinterlassen, auch wenn sie selbst flüchtig waren. Im baro- cken Eingeständnis : »Das Leben hat den Festeifer nötig !«45 lag die Schwäche, aber auch die Größe des barocken Zeitalters. Im oberflächlichen Festgetümmel wurde die Nacht mit Lichtern und Feuerwerken erhellt und bewahrte in einer Zeit des Weltschmerzes vor christlichen Untergangsfantasien und dem Zurkenntnisnehmen der Aufklärung, die latent, so in den Theaterprogrammen, längst in die exklusive höfische Welt eingesickert war. Der kleine Nikolaus war in die außergewöhnlich prächtige Hofhaltung seines Großvaters hineingeboren worden. Dieser baute, empfing und feierte in seinem »Feenreich« wie ein souveräner deutscher Fürst, der er jedoch nicht war. Kunst und Luxus erschienen bei Nikolaus dem Prachtliebenden im Gegensatz zu seinem Epitheton nicht als »leidenschaftliche Beschäftigung« um der Sache willen, sondern waren sendungsbewusst immer nach außen gerichtet. Es ging in erster Linie um die Steigerung und Präsentation der eigenen Bedeutung, des eige- nen Status. Bis auf die lebenslange Anerkennung seines international erfolgreichen Kapellmeisters Haydn gibt es keine Hinweise auf eine Kunstkennerschaft Niko- laus’ I. Sein Kunstkonsum galt damit in erster Linie dem Prestigeverbrauch46 zum Aufstieg, der Sicherung und Manifestierung des Ansehens und der Position seiner
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Nikolaus II. Esterházy und die Kunst Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Untertitel
Biografie eines manischen Sammlers
Autor
Stefan Körner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 2.0
ISBN
978-3-205-78922-2
Abmessungen
23.0 x 28.0 cm
Seiten
404
Kategorie
Kunst und Kultur
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