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GEBOREN ZUM
PRESTIGEVERBRAUCH40 94 Vgl. Kisch 1885, Bd. 1, S. 188. In den Akten der
EPA, GC waren weder Papiere zu Ankauf noch
Mietung zu finden.
95 Christian von Mechel, zit. nach : Wüthrich
1956, S. 150f.
96 Vgl. Genehmigungsbescheid des Städtischen
Unterkammeramtes – Bauamtes, 21. März 1785
sowie Grundriss des Palais auf der Landstraße,
Planzeichnung des Baumeisters Franz Depfin-
ger, 1785, in : Wiener Stadt- und Landesarchiv,
1.3.2.MA236, A16 – EZ 932, 3. Bezirk.
97 Skulptur, stark beschädigt, Bestand Wien Mu-
seum. Dorfmeister, der um 1780 neben Franz
Anton Zauner besonders in Adelskreisen zu den
gefragtesten Bildhauern in Wien gehörte, schuf
auch das Grabdenkmal des nahen Verwandten
Graf Antal Grassalkovics in Gödöllö, 1781 (vgl.
Goritschnig 1995, S. 23). Auch dies mag den
Einfluss der Esterházy auf das Haus in dieser
Zeit belegen.
98 Vgl. Genehmigungsbescheid des Städtischen
Unterkammeramtes – Baumamtes, 26. März
1793, in : StLaAW, 1.3.2.MA236, A16 – EZ
932, 3. Bezirk.
99 Für seinen Einsatz wurde er zuvor noch mit
dem Ritterkreuz des Maria-Theresien-Ordens
ausgezeichnet und zum Major befördert.
100 Vgl. Wissgrill 1795, S. 459.
101 Vgl.Windisch 1784, S. 40.
Ort der ersten gestalterischen Selbstverwirklichung des jungen Prinzen war das
vermutlich im März 1785 vom Großvater für das junge Paar angemietete Haus auf
der Landstraße (Haus Zwerentz) vor den Toren Wiens94.
Das kleine Palais mit seinem damals schon großen Garten lag in unmittel-
barer Nähe zum kaiserlichen Garten des Belvedere, wo 1779/80 unter Christian
von Mechel, der in Paris und Rom internationale Erfahrungen gesammelt hatte,
die Galerie der Habsburger eine neue Heimstätte bezogen hatte. Mechels Neuauf-
stellung der Bildergalerie sollte öffentlich zugänglich sein und mit der chronologi-
schen Hängung nach Schulen neue Maßstäbe als »Museum« setzen und enzyklo-
pädisch Malerei seit der italienischen Renaissance zeigen. Von dieser maßgeblichen
Inno vation der deutschen Sammlungsgeschichte hatte der neue Nachbar Nikolaus
Esterházy Kenntnis. Christian von Mechel war bestrebt, eine lehrreiche, stark di-
daktische »führende Galerie der Welt zu gestalten«95, die langfristig auch große
Bedeutung für Nikolaus’ Sammlungen haben sollte.
Doch einstweilen wurde für den neuen Sitz des zukünftigen Fürsten Esterházy
der straßenseitige Bau des nahe gelegenen Palais um einen Innenhof und einen
Wohnflügel zum Garten hin erweitert96. Die neue Fassade dort bekrönte eines der
letzten Werke des Wiener Vorreiters des Klassizismus, Johann Georg Dorfmeister
(1736–1786) : eine Skulptur des Saturn, dessen Inschrift »Tempore progrediamur«
das junge Paar vor dem unaufhaltsamen Voranschreiten der Zeit warnte97. Im März
1793 ließ Prinz Nikolaus hinter dem Haus ein Badhaus errichten. Gegenüber der
Gartenfassade entstand eine Art Ehrenhof mit seitlichen Gesellschaftszimmern98.
Auch der Garten des Landhauses auf der Landstraße sollte, deutlich erweitert, in
den ersten Jahren von Nikolaus’ Regierungszeit zu einem wichtigen Experimentier-
feld seiner Ideen und des Zeitgeschmacks werden.
3. Erwachsensein am Epochenumbruch
Nach dieser Zeit des – nach ständischen Kriterien – planmäßig verlaufenden Wer-
deganges des vierundzwanzigjährigen Esterházy-Sprosses, der von der italienischen
Bildungstour bis zur erfolgreichen Stammhalterproduktion, vom Ableisten des Mi-
litärdienstes bis zum Bezug einer kleinen Residenz reichte, folgte 1789/1790 in
privater als auch in politischer Hinsicht ein Epochenumbruch.
Gleich zu Beginn des Jahres 1790 starb Nikolaus’ jüngerer Bruder Prinz Anton,
mit dem er in Erlau das Collegium besucht hatte, infolge einer Verwundung, die er
sich bei der Erstürmung von Belgrad im russisch-österreichischen Türkenkrieg zu-
gezogen hatte99. Prinz Nikolaus, nun einziger Sohn seines Vaters, wurde deshalb aus
Sicherheitsgründen für den dynastischen Fortbestand des Hauses Esterházy von
seinem aktiven Hauptmannsposten im Infanterieregiment Stein abgezogen und als
Gardeleutnant in die repräsentativen Aufgaben dienende Ungarische Adelige Leib-
garde nach Wien versetzt100. Während der Staatstrauer nach dem Tod von Kaiser
Joseph II., der nur Wochen zuvor, im Februar 1790, sein aufklärerisches Reform-
werk mit dem berühmten Federstrich getilgt hatte, starb am 25. Februar Nikolaus’
Großmutter Fürstin Maria Elisabeth.
Die Fürstin kam an der Seite ihres schillernden Gatten, wenn überhaupt, nur
als fromme Hausmutter vor und lebte meist in Eisenstadt101. Als solche küm-
merte sie sich jedoch um die Erziehung ihrer »lieben Enkel«, die sie mahnte, Grundriss des Badehauses im Garten auf der
Landstraße, Planzeichnung von Baumeister Joseph
Dalberg d. Ä. (1749–1821), 1793. Wiener Stadt- und
Landesarchiv.
Rechte Seite:
Porträt von Erbprinz Nikolaus Esterházy in der
Uniform des Gardeleutnants der Königlich
Ungarischen Adeligen Leibgarde, Gemälde, kurz nach
1790. Esterházy Privatstiftung, Burg Forchtenstein.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur