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Auf Italienreise enthusiastisch und modebeflissen 77
Joseph Fischer erworben ; Jupiter, Juno, Minerva,
Apoll und Herkules in den Wolken, vermutlich
französischer Nachfolger Mengs’ (Museum der
Schönen Künste Budapest, Gemäldegalerie, 71.8
[vormals Sammlung Esterházy]), später Samm-
lung von Bischof Zigmond Bubics in Kassa ;
Madonna (Museum der Schönen Künste Buda-
pest, Gemäldegalerie, 465 [vormals Sammlung
Esterházy]), von Steffi Röttgen abgeschrieben
(vgl. Röttgen 1999, S. 522, Nr.
26) ; Porträt
von Mengs von Friedrich Gotthard Naumann
(1750–1821) (Museum der Schönen Künste
Budapest, Gemäldegalerie, 459 [vormals Samm-
lung Esterházy]). Das Plafondstück mit dem
Parisurteil (Fischer 1815, S. 54) ist nur in einer
Hälfte erhalten, die Autorenschaft Mengs’ nicht
geklärt (Esterházy Privatstiftung, Depot Burg
Forchtenstein). Nur das 1821 erworbene Porträt
des sächsischen Prinzen Friedrich Christian kann
aufgrund der Provenienz vom Dresdner Kapitän
Franquet, der das persönliche Geschenk des
Königs an seinen Vater 1821 an Nikolaus II.
verkaufte, Mengs zugeordnet werden (vgl. EPA,
CD 1821/956, 1859).
65 Auch Friedrich Schiller und Johann Wolfgang
Goethe kritisierten Carstens Werke als Skizzis-
tentum (vgl. Über den Dilettantismus, 1799 ; Goe-
the/Schiller/Meyer 1973). Carstens Werk wurde
erst 1860 in seiner vollen Bedeutung entdeckt.
66 Vgl. Zimmermann 1997.
67 Goethe 1978, 25. Juli 1787, S. 380.
68 Zit. nach : Steeb 1999, S. 122f. Da sich Fries als
Experte wähnte, verzichtete er auf (uneigennüt-
zige) Berater und ließ sich bei seinen kostspieli-
gen Käufen übervorteilen. Dennoch bildete die
Kaufreise nach Italien den Grundstock seiner
Sammlung in Wien, die binnen kürzester Zeit
aufgebaut war und berühmt wurde und dem neu-
reichen Bankhaus Fries gesellschaftliches An-
sehen geben sollte. Modebewusst ließ sich Fries
auch von Angelika Kauffmann malen und seinen
wichtigsten Kauf, Antonio Canovas Theseus auf
dem erschlagenen Minotaurus, den er allerdings
um den zehnfachen Wert ähnlicher Gruppen
des noch unbekannten Künstlers erwarb, stechen
(vgl. Finn/Licht 1983, S. 159ff., 157f.), um diese
Erwerbung publikumswirksam werden zu lassen. jedoch dem sentimentalischen Klassizismus von Asmus Jakob Carstens und sei-
nem Kreis keine Beachtung65.
3.2 Ein Kunstmarkt und viele Interessen
Neapel und mehr noch Rom waren auch um 1800 prosperierende Kunstmärkte für
alte Kunst. Seit September 1794 kaufte der Münchner Galerieinspektor Johann
Georg von Dillis (1759–1841) im Auftrag des bayerischen Kurfürsten alte Meister
in Rom. Die Mätresse des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II., Wilhelmine
Ritz alias Gräfin Lichtenau (1753–1820), war ab Dezember 1795 auf Bildungs-
und Einkaufstour in Rom, auf der sie Hirt begleitete und beriet66. Viele Ausländer,
meist Deutsche oder Engländer, beflügelten den Markt mit ihrem Kaufverhalten,
trieben die Preise hinauf und dilettierten in ihrer Pseudo-Kennerschaft. So traf z. B.
den Wiener Bankierssohn Graf Joseph von Fries (1765–1788), der nach Rom und
Neapel reiste, um für seine schnell wachsende Sammlung einzukaufen, der Spott
Goethes : »Wir bedauern nur, daß ein so gutgesinnter reicher Kunstliebhaber nicht
immer von den zuverlässigsten Menschen bedient werde.«67 Denn die Römische
Gesellschaft und die Händler hatten Fries als überheblichen und wenig von Kunst
verstehenden Neureichen erkannt, heuchelten Bewunderung für seinen Sachver-
stand und ließen ihn für Unsummen meist Kopien und sogar »Ausschußware«68
erwerben.
Wie Fries wollte auch Nikolaus kaufen, um eine Sammlung aufzubauen. Wie
fast alle nach Italien reisenden Kunstkäufer ging es auch ihm um die Erwerbung
großer Namen, wie Andrea del Sarto und Correggio, die erwähnten Porträts von
Angelika Kauffmann und Landschaftsdarstellungen ihres zeitgenössischen deut-
schen Kreises. So erwarb auch Nikolaus in so rascher Folge Gemälde und Grafiken,
dass sein Haushofmeister verzweifelt fehlende Abrechnungen damit rechtfertigen
musste, dass der Fürst selbst entschied und keine Quittungen seiner Akquisitionen
Steinbrüche von Syrakus, Sepiazeichnung von
Jacob Philipp Hackert (1737–1807), 1790. Esterházy
Privatstiftung, Schloss Eisenstadt, Grafische
Sammlung.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Untertitel
- Biografie eines manischen Sammlers
- Autor
- Stefan Körner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Abmessungen
- 23.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 404
- Kategorie
- Kunst und Kultur